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Digital In Arbeit

Servicestelle des Humankapitals

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Um neue Technologien schneller zur Produktreife zu bringen, muß der Kontakt zwischen Forschung und Industrie verbessert werden. Darum bemühte sich eine Tagung in Linz.

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Um neue Technologien schneller zur Produktreife zu bringen, muß der Kontakt zwischen Forschung und Industrie verbessert werden. Darum bemühte sich eine Tagung in Linz.

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Es ging immer wieder um mehr Information. Ob das Thema des ersten Tages „Universität und Industrie“ hieß, das des zweiten „Universität und Öffentlichkeit“ — die Forderung nach intensivierter Öffentlichkeitsarbeit der Wissenschaftsinstitutionen und ihrer Vertreter durchzog als roter Faden die Tagung, die der „Verein der Freunde der Rektorenkonferenz“ an die Universität Linz geladen hatte.

Schon der Verein selbst hat die Aufgabe, als verlängerter PR-Arm der obersten Vertretung der Universitäten aufzutreten, definierte sein Gründer, Langzeitrektor Alois Brusatti (Wirtschaftsuniversität Wien). Denn die Gesellschaft habe ein Recht darauf, besser über die Universität informiert zu werden, und die staatlichen Behörden können diese Aufgabe nicht erfüllen.

Diesen Mangel merkt man nicht zuletzt dort, wo es darauf ankommt, die Verbindung zur Industrie herzustellen, um die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung auch in die Praxis der Wirtschaft umzusetzen. In diesem Zusammenhang fielen kritische Bemerkungen über den Mammutapparat der Innovationsagentur, der die Forscher wenig Effizienz zutrauen.

Der Industriemanager erhofft sich von der Universität, daß sie ihm hilft, die Wettbewerbsvorteile abzusichern, mehr noch, daß sie als „Servicestelle des Humankapitals“ diene — des einzigen „Kapitals“, auf das sich Österreich echt stützen könne.

Technik und Naturwissenschaften hätten perfekte Technologien zu entwickeln, auch ökologisch saubere Lösungen. Die Sozial- und Wirtschaftswissenschaften müssen dafür sorgen, daß Marketing und Betriebsführung dann auch den Absatz sichern, entwickelte Klaus Czempirek, bei der VOEST für die Forschung zuständiger Direktor, ein Konzept.

Auch Christoph Leitl, erfolgreicher Bauunternehmer, gebrauchte das Bild von der „geistigen Servicestelle“, als die die Universität dienen sollte, als Wegbegleiter durch das ganze Leben, da das Diplom keine Garantie mehr für die Karriere bieten könne.

Mehr Flexibilität

Mehr Flexibilität zur schnelleren Anpassung der Ausbildungsvorschriften an die Notwendigkeiten - eine Forderung, die auch auf Widerstand stieß —, fachbezogene Ferialpraktika für die Studenten, pflichtmäßig auch für Assistenten, Beiziehung der Professoren als Konsulenten der Industrie, von Praktikern bei der Erstellung der Lehrpläne - das waren die Wünsche, die Leitl an die Professoren richtete.

Die TU Graz besitzt in ihrem Außeninstitut ein Forum der Kontaktnahme mit der Außenwelt, berichtete Rektor Stephan Schuy (die TU Wien und die Montanuniversität Leoben ebenfalls).

Eine gegenseitige intensive Information läuft über Ausstellungen und Wissenschaftsmessen. Bedarfsanalysen sollten die Chancen aussichtsreicher Produkte abtasten, Pilotstudien als Entscheidungsunterlagen für die Erstellung von Forschungsschwerpunkten dienen. Steueranreize wären für Risikokapital nötig.

Und immer wieder die Forderung einer besseren Information über die Massenmedien — auch dann, wenn mitunter, siehe Zwen-tendorf oder Hainburg, die Gutachten mancher Wissenschaftler in den Geruch der Käuflichkeit gerieten.

Kurt Freisitzer, Soziologie-Ordinarius aus Graz, kritisierte jene Wissenschaftler, die sich als „Handlanger der Politik“ betätigen, seit — wie Clemens Hüffel, Chefredakteur der „österreichischen Hochschulzeitung“ bemerkte — der Experte in der Ära Kreisky in der Politik „hoffähig“ geworden sei.

Freisitzers Gegenvorschlag: Bei interdisziplinären Großprojekten sollten in einem „Simultanverfahren“ alle Beteiligten ihren Beitrag zum gemeinsamen Anliegen in direktem Kontakt mit den andern vortragen.

Wenn aber — warnte Hüffel — immer mehr Professoren aus Eitelkeit über ihren fachlichen Bereich hinaus Urteile abgeben, würde das andere veranlassen, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen.

Uber die Notwendigkeit einer Intensivierung des Kontaktes zwischen Universität und Medien waren sich — am zweiten Tag — Wissenschafter und Chefredakteure der oberösterreichischen Medien einig, über die Modalitäten gingen, ge- _ ringfügig, die '

Meinungen auseinander.

Ungeäußert blieben die Wünsche, die an die Universitäten zu richten wären, um von sich aus für eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit beizutragen: der Einbau eines Minimums an Medienkunde etwa in die Studienpläne aller Studienrichtungen, vor allem aber jener, deren Absolventen später auf alle Fälle mit den Medien zu tun haben werden, wie gerade jene der Universität Linz.

Dazu gehörte auch die Hilfe der Universitäten bei der Schulung und Weiterbildung von Wissenschaftsjournalisten, die ja als Vermittler der jeweiligen Fachinformation zu dienen haben. (Daß jede Fachsprache an sich eine

„Fremdsprache“ ist, die „übersetzt“ werden muß, wenn sie der Normalverbraucher verstehen soll, und damit zwangsweise an Tiefenschärfe verliert, ist noch keineswegs voll erkannt worden.)

Und schließlich noch eines: Die Universitäten müßten sich auch praktisch bewußt werden, daß es eine einzige Umschlagstelle für wissenschaftliche Information im österreichischen Medienwesen gibt, den„Informationsdienst für

Bildungspolitik und Forschung“ (ibf). Alle Bemühungen in diesem Bereich wären einer unersetzlichen Servicestelle beraubt, alle Ansätze hingen in der Luft, müßte der ibf mangels auch materieller Unterstützung durch alle Nutznießer seiner Arbeit diese einstellen.

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