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Sex: Die Dosis wird erhöht

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Das Thema Sex war der AZ in der Vorwoche einen Aufmacher wert: „ ORF-Studie: Österreicher wollen Sex-Filme im TV“. Auf einer Doppelseite im Blattinneren gab es eine Hintergrund-Analyse : 45 Prozent der Mitbürger plädieren angeblich für mehr Sex am Bildschirm - nach 22 Uhr, wird beruhigend hinzugefügt-

Diesem Wunsch wird sich der ORF sicher beugen. Man hat ja das herrliche Argument, man stehe unter dem Druck der privaten Fernsehstationen, die in dieses Geschäft einzusteigen beginnen und damit Werbegelder ansich ziehen. Und was die Konkurrenz tut, ist in unserem System noch allemal Rechtfertigung dafür, in Sachen Moral nicht kleinlich zu sein. Das Problem, wie man heranwachsende Kinder von dieser Verführung fernhält (etwa wenn man abends ausgeht), überläßt man den Eltern. Wer kann sich um solche Details kümmern?

Die Sex-Welle rollt also weiter auf uns zu. Und die Dosis wird -wie bei jeder „Sucht“ - immer stärker. Auch dafür ist die AZ eine bemerkenswerte Illustration: Ernest Bornemann betreut dort eine Rubrik zum Thema „Liebe, Ehe und Sexualität“.

Was dabei herauskommt?Freitags plädiert der Herr Professor in der AZ für die offene Ehe, die Dreier- oder Viererbeziehung, je nach Bedarf. Auch das ist nicht neu und wäre nicht der Rede wert.

Aber die Art, wie dies zuletzt geschah, läßt erkennen, daß jedenfalls der AZ der Sinn für Menschenwürde verlorengegangen ist. Daß sich eine Zeitung, die doch immerhin eine intellektuell anspruchsvolle Tradition zu wahren hätte, dafür hergibt!

Da werden Leserbriefe abgedruckt, die wirklich reinste Pornographiesind. So schildert eine angeblich 65jährige Linzerin bis in kleinste Details, wie sie es mit ihrem eigenen und einem für diese Zwecke geheuerten jungen Mann treibt. Ich kann nur hoffen, daß es sich um einen fingierten Brief handelt, so entwürdigend ist die Geschichte.

Der Herr Professor druckt „diesen Brief kommentarlos ab “. Diesen Kommentar kann sich Bornemann auch ruhig sparen. Worum es ihm geht, das steht ja schon im Brief: „Ich kann älteren Frauen nur raten: Legen Sie sich einen netten, gesunden, zärtlichen Freund zu. Auch Ihr Mann kann davon nur profitieren“. Man beachte übrigens das Wort „gesund“.

Wird diese Volksvmmung das Rezept zur Erfüllung des Bildungsauftrags des ORF und zur Sanierung maroder Parteiblätter?

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