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Sicher wohlüberlegt

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Die Gedanken zum Priesterzölibat, die Pfarrer Helmut Blasche vorlegt, sind zweifellos einer redlichen Sorge um das Schicksal der Kirche in Gegenwart und Zukunft entsprungen. Dennoch scheint mir darin manches weiterer Klärung zu bedürfen.

Dr. Blasche rechnet damit, daß die Kirche, wenn sie jene nicht zur Weihe zuläßt, die nicht auch die Berufung zum ehelosen Leben empfangen haben, manche zurückweist, denen Gott doch die Berufung zum Prie-stertum schenken würde, und dadurch ihrem Meister ungehorsam wird. Damit berührt er die schon vielerörterte Frage, worin die Berufung zum Priestertum besteht. Ist die Kirche verpflichtet, alle zur Weihe zuzulassen, die von sich sagen, daß sie sich durch eine von Gott kommende innere Anregung oder Neigung zum Priestertum berufen fühlen?

Wenn sie befugt ist, die Kandidaten zu sichten, kann man mit Recht sagen, daß die Kirche (im Auftrag Christi) zum Christentum beruft, wie sie schon in der Urzeit Unter vorgeschlagenen Kandidaten ausgewählt hat.

Nach der Auffassung des 2. Vatikanischen Konzils überträgt die göttliche Vorsehung den rechtmäßigen kirchlichen Amtsträgern die Aufgabe, die als geeignet erkannten Kandidaten, die in rechter Absicht und mit voller Freiheit ein so hohes Amt erstreben, zu berufen und zu weihen („Ausbildung der Priester“, 2), und werden geeignete durch den Bischof gerufen („Dienst und Leben der Priester“, 11).

Natürlich dürfen die kirchlichen Amtsträger dabei nicht willkürlich verfahren, vielmehr müssen sie sich der inneren Berufung der Kandidaten, d. h. ihrer Eignung und ihrer freien Bereitschaft zur Erfüllung der priesterlichen Aufgaben und zur priesterlichen Lebensform, vergewissern. Die Hirten der Kirche können überdenken und verantwortungsbewußt festlegen, unter welchen Bedingungen sie Männer zum Priestertum berufen.

Sie verlangen bei uns zu Lande Reifeprüfung und akademisches Studium; wer nicht angenommen wird, weil er diese Bedingungen nicht erfüllt, kann nicht sagen, daß ihm Unrecht geschieht, mag er auch sonstige Qualitäten für das Priestertum mitbringen. (Es läßt sich denken, daß hie und da ein nicht so ausgebildeter, aber talentierter und eifriger Mann seelsorglich besser wirken könnte als mancher anderer, der diese Ausbildung hat).

Hinsichtlich der Bereitschaft zum Zölibat haben die Hirten der Kirche zu überlegen: Wenn diese Bedingung aufgegeben wird, nimmt die Zahl der Priester vielleicht zu - ist dieser Gewinn so bedeutend, daß das, was aufgegeben wird, dadurch aufgewogen wird?

Für das Ja und das Nein können Argumente vorgebracht werden. Das 2. Vatikanische Konzil und die Bischofssynode 1971 haben sich zum Wert des Priesterzölibates bekannt und haben entschieden, er solle beibehalten werden. Daß das klare Ja, das Papst Johannes Paul II. kürzlich gesprochen hat, wohlüberlegt war, bezweifle ich nicht.

Viel wird über den heutigen Mangel an geistlichen Berufen geschrieben und diskutiert. Wird dabei nicht zuwenig an die zuverlässige Lösung, das Gebet, gedacht? Jesus gab keine andere Lösung an, wenn er sagte: „Bittet den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte sende.“ (Luk. 10,2). Wieviel geistliche Berufe mag der Rosenkranz, der früher in vielen Familien gebetet wurde, geweckt haben!

Johann Th. Senner, O. F. M. Alt-Bischof von Cochabamba, Bolivien

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