6874002-1978_37_07.jpg
Digital In Arbeit

„Sie sind genauso blöde wie die anderen...“

19451960198020002020

Der Proteststurm ist noch nicht zu Ende: Die abfälligen Äußerungen von Bundeskanzler Kreisky über Israel und seinen israelischen Amtskollegen Menachem Begin haben die Einwohner des Judenstaates zutiefst getroffen. Aber nicht nur Begin selbst, Kreiskys Parteifreund, der Arbeiterparteiführer Shi-mon Peres, der in Wien geborene Bürgermeister von Jerusalem, Teddy Kollek, der israelische Innenminister und stellvertretende Außenminister Joseph Burg, und andere Persönlichkeiten Israels machten ihrem Unmut Luft. Der Dritte Nationalratspräsident Otto Probst legte aus Protest gegen die Aussagen seines Parteivorsitzenden die Ehrenfunktion als Präsident der Österreich-israelischen Gesellschaft zurück. Probst begründet hier, warum er sich zu diesem Schritt veranlaßt sah. Wir veröffentlichen außerdem Passagen aus der Tonbandabschrift, die die holländische Zeitung „Trouw“ unserem Benelux-Korrespon-denten Karl Bruhn zur Verfügung stellte.

19451960198020002020

Der Proteststurm ist noch nicht zu Ende: Die abfälligen Äußerungen von Bundeskanzler Kreisky über Israel und seinen israelischen Amtskollegen Menachem Begin haben die Einwohner des Judenstaates zutiefst getroffen. Aber nicht nur Begin selbst, Kreiskys Parteifreund, der Arbeiterparteiführer Shi-mon Peres, der in Wien geborene Bürgermeister von Jerusalem, Teddy Kollek, der israelische Innenminister und stellvertretende Außenminister Joseph Burg, und andere Persönlichkeiten Israels machten ihrem Unmut Luft. Der Dritte Nationalratspräsident Otto Probst legte aus Protest gegen die Aussagen seines Parteivorsitzenden die Ehrenfunktion als Präsident der Österreich-israelischen Gesellschaft zurück. Probst begründet hier, warum er sich zu diesem Schritt veranlaßt sah. Wir veröffentlichen außerdem Passagen aus der Tonbandabschrift, die die holländische Zeitung „Trouw“ unserem Benelux-Korrespon-denten Karl Bruhn zur Verfügung stellte.

Werbung
Werbung
Werbung

Ich habe eine Niederlage nach der anderen von Golda Meir und anderen einstecken müssen. Jahrelang war es in der (sozialistischen) Internationale verpönt, von Palästinensern zu sprechen. Ich war der erste, der von Palästinensern gesprochen hat. Ich erinnere mich, wie verbittert Golda Meir darauf reagiert hat: „Palästinenser? Wer ist das?“ Dies ist eine grenzenlose Arroganz, die Juden bei sich selbst nicht sehen, aber es zeigt, wie über die Palästinenser gesprochen wurde ...

Erst nach dem ölschock von 1973, als ich abermals mein „ceterum cen-seo“ gesprochen hatte, SaiwiteTnan(die Sozialistische Internationale) einen Untersuchungsausschuß (unter dem Vorsitz von Kreisky) in den Nahen Osten.

Ich bin kein geheimer Verschwörer des Zionismus. Ich war auch niemals ein Zionist. Das Judentum hat für mich genau eine religiöse Tradition, wie der Calvinismus oder der Katholizismus. Damit will ich nur unterstreichen, daß meine Herkunft mir nicht unangenehm ist.

Hunderttausende Menschen sind aus ihrem Heimatland vertrieben worden. Gewiß, wir haben in Europa die Vertreibung von Hunderttausenden akzeptiert, genau so, wie wir vorher die Vernichtung von Millionen hingenommen haben. Europa ist also kein gutes Schulbeispiel für Gerechtigkeit in der Welt Aber das kann einen nicht blind und taub machen für das Elend der Hunderttausenden Palästinenser, die aus ihrem Land vertrieben wurden. Solche Gewaltlösungen halten nie.

Nie zuvor ist eine Vision so nahe gewesen. Noch niemals zuvor hat die Kurzsichtigkeit der Menschen ihre Verwirklichung so verhindert. -■501 roisiJßißqaci tvl

Ich kann mich noch an die rauchenden Trümmerhaufen am Suezkanal erinnern, als ich nach dem Oktoberkrieg das österreichische Kontingent der Friedenstruppe der Vereinten Nationen besucht habe. Ich habe Sadat damals zum erstenmal getroffen.

Ich bin danach nach Israel gefahren und traf meine Freunde von der israelischen Arbeitspartei. Ich habe ihnen gesagt, daß Sadat der Mann ist, der Frieden machen will. Sie dachten, ich sei naiv und mische mich in alles ein.

Aber er (Sadat) hat es mit Krämern, kleinen politischen Krämern wie Begin zu tun, einem kleinen polnischen Advokaten oder was er auch ist. Sie sind dem Normalen so entfremdet, sie denken so verdreht, diese Ostjuden. Es fehlt ihnen die politische Verantwortung. Sie sind gute Soldaten, doch das lernt man sehr rasch, das ist ja nur eine verfeinerte Form des Raubens. Sie haben einen Mangel an Subtilität in der Politik. Sie machen sich bei den Vereinten Nationen unbeliebt. Die verhaßtesten Diplomaten sind heute die israelischen Diplomaten. Es ist unvorstellbar. Sie brauchen noch hundert Jahre. Sie sind genauso übel wie die Afrikaner, die auch unerträgliche Menschen sind. Der Aberglaube, das Juden intelligent sind, ist falsch, Sie sind genauso blöde wie die anderen, nur manchmal mit mehr Vorurteilen behaftet. Es gibt unter ihnen gescheite Leute, aber in der Gesamtheit reagieren sie ja falsch. '

Die Leute, die von einem Groß-Israel träumen, vergessen, daß noch kein einziger Staat mit Protektoraten standgehalten hat. Schauen Sie nach Österreich oder nach dem britischen Imperium. So ein „Reich“, ein israelischer Staat-mit einer Million Arabern, birgt eine enorme Sprengladung in sich. Nur wer von einer faschistischen Mentalität hoffnungslos befallen ist, kann dies nicht sehen. Man kann doch nicht glauben, daß es eine israelische Demokratie geben kann, wenn die Araber Staatsbürger zweiter Klasse sind und gleichzeitig in einem Polizeistaat leben. Was auch geschehen mag, es muß ein Polizeistaat sein, geteilte Demokratie gibt es nicht.

Allein der Umstand, daß es so viele Generäle (in Israel) gibt, ist schon verdächtig ...

Daß jeder dort ein General ist, ist schon sehr, sehr grotesk. Jeder Oberst ist dort ein General. Das ist eine ungeheure Eitelkeit. Jeder spielt dort den großen Feldherrn. Alle diejenigen, die glauben, sie könnten das Westufer, oder was diese Chauvinisten als Judäa und - wie heißt das andere? - Samaria bezeichnen, behalten, die hat - wie man das sagen will - Gott mit Blindheit geschlagen...

Wir kämpfen gegen die Apartheid in Südafrika. Und wie lange wird es dauern, bis man gegen die Apartheidpolitik in Israel kämpfen wird? Das können auch Sozialisten nicht tolerieren. Früher oder später wird das zu einer furchtbaren Auseinandersetzung führen - eine Isolation, die auch noch so reiche amerikanische und europäische Juden nicht brechen werden können!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung