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Sie werden sich an Temelin gewöhnen

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„Sie werden sich an Temelin gewöhnen und wir auch." Freundlich lächelt der tschechiche Präsident Vaclav Havel im ORF-Interview. Gewöhnen - woran? An ein Atomkraftwerk wenige Kilometer von unserer Grenze entfernt mit zwei Blöcken zu 1000 Megawatt, Reaktoren der „bewährten" russischen Bauart. Unheimlich, nicht wahr? Genau in der Hauptwindrichtung auf Wien. Aber wir werden uns, wie Havel meinte, schon gewöhnen... Schließlich wird die US-Firma Westinghouse für „höchste internationale Sicherheitsstandards sorgen". Na also! Wozu aufregen?

Österreichs Umweltministerin hat sogar laut über Wirtschaftssanktionen nachgedacht. Auf Nachfrage erfährt man aber: So konkret sei das wieder auch nicht. Schließlich will man sich nach der „Tropenholz-" jetzt nicht eine „Temelin-pleite" einhandeln. Und, wie gesagt: Wir werden uns schon gewöhnen...

Schließlich sind die tschechischen Braunkohlekraftwerke wirklich Dreckschleudern. Sind da AKWs nicht geradezu Wunderwerke an Umweltfreundlichkeit? Der Umwelt zuliebe - Atomenergie. Dieser Slogan ist heute „in". Und das nach der Katastrophe von Tschernobyl - unfaßbar! Noch heute leiden Zigtausende an den Folgen, sterben Kinder elend an Krebs...

Lassen wir eine Betroffene (in einem Brief an einen Bekannten) zu Wort kommen: „Dieses verfluchte Tschernobyl hat uns alles genommen: sowohl die Gesundheit als auch das Interesse am Leben. Wir lebten 22 Kilometer von Tschernobyl entfernt. Man hat uns umgesiedelt, wir mußten alles zurücklassen... Wir arbeiteten und lebten, fingen Fische, gingen in den Wald. Jetzt gibt es nichts mehr. Alles ist für uns auf ewig verloren..."

Wie sagte doch der Dichter-Präsident? Wir werden uns schon gewöhnen...

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