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Simas Glück und Ende

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„Schafft es Sima doch wieder?“ fragte die „Presse“ in einer Schlagzeile noch in ihrer Ausgabe von Samstag, dem 19. Mai, dem Tag, an dem die Würfel in der Kärntner SPÖ fielen. Sima hat es nicht geschafft. Daß er es aber nicht geschafft hat, wieder Landesparteiobmann der Kärntner Sozialisten zu werden, war selbst während des Parteitages noch gar nicht so sicher vorauszusehen. Und die Abstimmung zeigte ja auch, daß er es hätte leicht schaffen können: nur um 24 Stimmen (von 458 gültigen) verfehlte er die 50-Prozent-Grenze.

Freilich ist es mit der Ablöse Simas von der Parteispitze im südlichsten Bundesland für die SPÖ nicht getan. Zunächst bleibt nämlich Sima weiter Landeshauptmann. Und das ist formal völlig legitim, da ihn ja der Landtag dazu gewählt hat. Seine Amtsperiode läuft erst 1975 ab. Es ist nur fraglich, ob das seine Genossen gewollt haben.

Richtig ist, daß an der Parteiführung Simas schon lange — nicht erst auf dem Parteitag, wo die Gegen-

sätze offen zutage traten — scharfe Kritik geübt worden ist. Denn als Landeshauptmann war sein Stern schon seit langem im Sinken — schon vor dem umstrittenen Ortstafelgesetz. Als ob Parteivorsitzender Kreisky das gewußt hätte (es ist anzunehmen, daß er es gewußt hat), lobte er Simas Leistungen als die des dienstältesten sozialistischen Landeshauptmannes auf dem Villacher Parteitag im April des Vorjahres und schlug den Politiker für den Posten eines der stellvertretenden Parteivorsitzenden der SPÖ vor. Der Erfolg, den Kreisky mit diesem Vorschlag bei den Parteitagsdelegierten erzielte, war mehr als bescheiden: Sima wurde nur mit ganz knapper Mehrheit ins Parteipräsidium gegewählt, mit weniger Stimmen als der Wiener Bürgermeister Slavik, der gerade damals im Kreuzfeuer öffentlicher Kritik stand.

Wer ist 1975 Spitzenkandidat?

Wie Sima jetzt als Landeshauptmann ohne Hausmacht über die Runden kommt, bleibt abzuwarten. Dem Land kann so etwas wohl kaum guttun. Man darf nicht vergessen, daß er im Landtag und in der Landesregierung ab jetzt mit Politikern seiner eigenen Partei auskommen soll, die ganz vehement auf dem Parteitag gegen ihn aufgetreten sind — unter anderen Landesrat Hans Schober, der auf dem Parteitag als einer der drei Kandidaten für das Amt des Landesparteiobmannest aufschien und der in seiner Rede die Parteiarbeit Simas besonders scharf kritisierte.

Noch etwas kommt dazu: Sima selbst ist immer, zuletzt auch in einer Rede auf dem Parteitag, gegen eine Trennung zwischen den Funktionen des Landesparteiobmannes und des Landeshauptmanns eingetreten. Jetzt ist diese Trennung vollzogen.

Simas langjähriger Adlatus Leopold Wagner (ursprünglicher Beruf: Lehrer) soll die Funktion des Partei-

obmannes ausüben. Kenner bescheinigen Wagner, daß er auf dem Gebiet der Organisation gute Leistungen erbracht habe, sagen aber unverhohlen, daß er politisch gar nicht profiliert sei. Er sei allzulange im Schatten Simas gestanden.

Eine weitere Frage bleibt vorerst unbeantwortet: Wer soll von den Kärntner Sozialisten als Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Jahre 1975 aufgebaut werden? Die Partei stellte sich am vergangenen Samstag keineswegs geeint dar. Sicher rechnen sich mehrere Politiker Chancen für das Amt des Landeshauptmannes aus: Landesrat Schober etwa, aber auch Verkehrsminister Frühbauer. Nicht zuletzt trat auch der Nationalratsabgeordnete Dr. Kerstnig als einer der Gegenkandidaten Simas auf. Auch mit ihm ist weiter zu rechnen — umso mehr vielleicht, als gerade er mit Sima noch eine alte Rechnung zu begleichen haben könnte: er, der früher Landeshauptmann-Stell-vertreten war, wurde von Sima aus

der Landespolitik abgezogen und als SPÖ-Abgeordneter in den Nationalrat nach Wien verbannt.

Zunächst aber gilt es, die Partei wieder zu festigen. Mit Staunen registrierte der Außenstehende, mit welcher Offenheit Gegensätze auf dem Parteitag ausgetragen wurden, mit welcher Vehemenz Kritik an der mangelnden Demokratie innerhalb der Partei geübt wurde. Wenn auch das Ortstafelgesetz in Wien im Parlament beschlossen worden war (und zwar nur mit den Stimmen der Sozialisten), so hat sich Sima eben doch in Kärnten selbst nicht bemüht, entsprechende Beschlüsse im Landtag mit den anderen Parteien herbeizuführen. Er hat es aber offenbar auch versäumt, in seiner eigenen Partei einen Konsens darüber herbeizuführen. Denn auch in der Kärntner SPÖ waren und sind nicht alle für die getroffene Regelung. Daß Sima, dem selbst Gegner konzedieren, daß er mit großem Fleiß jahraus, jahrein im Lande unterwegs ist und Kontakt mit der Bevölkerung hat, in diesem so entscheidenden Fall die „Volksseele“ nicht beurteilen konnte, ist unverständlich. Noch dazu, wenn man bedenkt, daß er seiner Abstammung nach sehr wohl ein Herz für Minderheiten haben müßte.

Der Ausgang des Parteitages am

vorigen Samstag hat es gezeigt: Die lange Krise in der Kärntner SPÖ ist nicht zu Ende, sie ist auf vorerst unbestimmte Zeit prolongiert. Und vorläufig ist das Gegenteil von dem eingetreten, was Bruno Kreisky zum Hauptslogan für seine Wiederwahl im Jahre 1971 gemacht hat: Wir brauchen klare Verhältnisse.

In der Kärntner SPÖ wurden keineswegs klare Verhältnisse geschaffen. ANDREASFOCHLER

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