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Sind Manager die Retter der Partei?

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Quereinsteiger in die Politik sind „in”. Besonders wenn ihnen Managerqualitäten nachgesagt werden. Aber kann Politik mit den Methoden eines Unternehmens für Markenartikel betrieben werden? Sind die „Macher” aus der Wirtschaft wirklich die alleinigen Retter einer Partei? Eine faire Chance sollten sie auf jeden Fall erhalten.

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Quereinsteiger in die Politik sind „in”. Besonders wenn ihnen Managerqualitäten nachgesagt werden. Aber kann Politik mit den Methoden eines Unternehmens für Markenartikel betrieben werden? Sind die „Macher” aus der Wirtschaft wirklich die alleinigen Retter einer Partei? Eine faire Chance sollten sie auf jeden Fall erhalten.

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Können wir nicht sachlich, ruhig und ver-nünftig-differenzierend diskutieren, statt ständig in Schwarz-Weiß-Zeichnungen zu flüchten? Aus gegebenem Anlaß also: Quereinsteiger sind „in”, aber sie sollten weder gedankenlos hochgelobt noch ebenso gedankenlos niedergemacht werden. Mit anderen Worten: Kann man Politik mit den Methoden eines Markenartikeluntemehmens betreiben, „ sind die vielzitierten „Manager” die alleinigen Retter? Darum bitte mehr Nüchternheit!

1. Es kommt nicht darauf an, ob einer ein Quereinsteiger ist, sondern darauf, ob er ein hochentwickeltes Sensorium für die diffizilen und schwer berechenbaren Eigenheiten der Politik hat.

2. Politik ist anders als „Wirtschaft”, wenngleich es in dieser auch nicht so rational, wie behauptet, zugeht. Es „menschelt” nämlich auch in Unternehmen zuweilen beängstigend, indem Kraft und Kräfte für Intrigen und innere Auseinandersetzungen gebunden bleiben.

3. Managementerkenntnisse und -erfahrun-gen können der Politik guttun, insbesondere im Bereich Werbung und Marketing, aber Politik ist nicht einfach ein „Produkt”, das man verkaufen kann. Sie soll und darf es auch gar nicht sein, da wir endlich aufhören müssen, alles im Leben zu kommerzialisieren!

4. Die vielgelobten Manager sind nach persönlicher Erfahrung in ihrer Mehrheit -leider! - sehr apolitisch. (Hören Sie mir auf mit der blöden „Politik”-Standardantwort auf die Frage nach dem politischen Engagement, das schon im Interesse der Selbstdarstellung der „Wirtschaft” dringend und zwingend geboten wäre.)

Die Managementausbildung weist in dieser Hinsicht schwerwiegende Defizite auf. Manager sind vielfach völlig unvorbereitet für politisch induzierte Entwicklungen. Manager übersehen oft, daß die Welt von Angebot und Nachfrage sehr wesentlich von den von Wilhelm Röpke apostrophierten Entwicklungen „jenseits von Angebot und Nachfrage” beeinflußt wird.

Man bittet, in diesem Zusammenhang einen der erfolgreichsten Manager-Unternehmer Österreichs, nämlich Josef Taus, zu fragen: nach seinen Erfahrungen, vor allem aber nach seinen sehr schmerzlichen Enttäuschungen. Er wird bestätigen, daß seine Lehrzeit als Parteiobmann ein nicht gerade erhebendes Erlebnis war. Denn da mußte er erkennen, daß es anders als in einem Unternehmen zugeht: viel weniger straffe, hierarchische Autoritätsstrukturen, ständiges Werben um Verständnis, noch dazu in einer Partei wie der ÖVP, die ja eine „Partei von Parteien” ist, Druck von den Massenmedien, ständige persönliche Verkaufsprobleme, mit einem Wort: ungemein viel Leerlauf und leeres Stroh, das da gedroschen wird. Gemehrt um eine geringe Bereitschaft, wirklich vorausschauend - „strategisch”, sagt man in der Wirtschaft - zu denken, statt dessen Orientierung an den Gegebenheiten des Augenblicks und der eigenen Interessengruppe. Dazu kommt die Last einer gefährlichen Föderalisierung, insbesondere im Bereich der ÖVP. („Was gehen mich die in Wien an, Hauptsache, ich gewinne meine nächste Wahl.”)

Noch eines: Der Manager agiert in der Wirklichkeit vielfach im Hintergrund, er muß sich nicht dauernd der Öffentlichkeit stellen, aber was ist das alles gegen den Zwang zur

Omni-Präsenz eines Spitzenpolitikers? Die noch dazu zeit- und kräfteraubend ist, ein Auftritt da, ein Auftritt dort, kein freies Wochenende, kaum Zeit zum Nachdenken oder zur bereichernden Lektüre. Die Politik, sie ist dann auch danach.

Dazu kommt, daß es der Manager kraft der Selektionskriterien im Unternehmen meist mehr mit seinesgleichen, was Bildungsweg, Zielvorgabe, Identifikation und so weiter betrifft, zu tun hat als der Politiker. Man denke in diesem Zusammenhang auch an die zunehmende „Verbeamtung” der Politik, indem immer mehr öffentliche Bedienstete, vor allem Lehrer, mit ihren ganz anderen Denkmustern in die Parlamente und Parteien einrücken. Und dies in einem Land, das wie Österreich von seiner geistigen Struktur her ja ein Beamtenstaat ist.

Der - politisch nicht „beleckte” - Manager wird aus allen diesen Gründen bald mehr Frustrationen haben, wird ungeduldig werden. Das wieder erzeugt bei den „Parteifreunden” Irritationen und Widerstände.

Der historisch denkende Österreicher mag nun den Namen Julius Raab einwerfen. Aber der große Kanzler war alles, nur kein durch die oft sehr sterilen Schulen gegangener Manager, er war primär ein Mann von Autorität, ja ein Zuchtmeister. Solches würde sich - bei aller masochistischen Sehnsucht der Politik nach Autoritäten - eine moderne Partei wohl nicht mehr gefallen lassen. Der Vergleich ist daher nur bedingt anwendbar. Im übrigen war dieser Julius Raab ein geschichtlicher Glücksfall, der sich nicht wiederholt. Und was Josef Taus betrifft, so hat dieser bitteres Lehrgeld gezahlt, er ist anders, lockerer und damit auch in der Politik erfolgreicher geworden, seit er nicht mehr die Last des Nur-Politikers tragen muß.

Fazit unter dem Aspekt Bernhard Görg: Er möge dieselbe faire Chance erhalten wie andere Kandidaten. Zumindest hat er Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, deutlich artikuliert. Er dürfte wissen, daß Politik kein Markenartikel ist, den man verkaufen kann wie ein Waschmittel oder ein Getränk.

P. S. Klarstellung für „Naderer”: Die Industrie hat keine personellen Präferenzen!

Der Autor ist Generalsekretär der Vereinigung Österreichischer Industrieller.

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