6926111-1982_12_01.jpg
Digital In Arbeit

Skandalöse menschliche Tragödie

Werbung
Werbung
Werbung

Die Weltlage ist weiterhin ernst und die österreichische Innenpolitik weiterhin skurril. In Zentralamerika zieht immer mehr ein Blutbad auf, im Mittelmeer entwickelt sich eine völlig unnotwendige amerikanisch-libysche Konfrontation, in Osteuropa droht um sich greifende Destabilisierung durch progressiven Wirtschaftsbankrott - und in Österreich geht die Hauptdiskussion um die Merkfähigkeit von Parteisekretärshirnen.

Bleiben wir dort, wo die Gefahr am akutesten ist: in Mittelamerika. Die Regierung der USA sieht nur noch rot: die Sowjetunion als Drahtzieherin eines gigantischen Einkreismanövers, das den „Hinterhof" der USA zum politischen oder gar militärischen Aufmarschgebiet des Weltkommunismus macht.

Das Makabre an dieser Lagebeurteilung ist natürlich, daß etwas Wahres dran ist. Selbstverständlich sind die Führungsfiguren der Salvadorianischen Guerillabewegung hartgesottene marxistische Revolutionäre. Selbstverständlich suchen und finden sie Unterstützung für ihre Gewaltaktionen bei Kuba und der UdSSR.

Was die Reagan-Regierung bis zum heutigen Tag nicht kapiert zu haben scheint, ist der soziale Hintergrund dieser Tragödie: jahrzehntelange Ausbeutung der Volksmassen durch gewissenlose Herrenfamilien, die heute dem Marxismus das Anknüpfen leicht macht.

Sehen die USA tatenlos zu, dann droht wirklich eine schrittweise Marxisierung von El Salvador, Nikaragua (wo die Linksdrift besorgniserregende Ausmaße angenommen hat), vielleicht auch in Guatemala (wo das Chaos zunimmt), in Honduras (dem ärmsten Land Mittelamerikas) und in Costa Rica (einem noch ruhigen, aber wirtschaftlich bedrohten Staat).

Versuchen die USA aber, mit Waffengewalt marxistische Regime an der Machtübernahme zu hindern, sind maßloses Blutvergießen und totale Radikalisierung die unvermeidliche Folge.

Es gibt kein Patentrezept, aber sicher ist, daß der vergleichsweise feinfühlige differenzierte Lösungsversuch der Regierung Carter politischer Dreschflegeltaktik Platz gemacht hat, die sicher das Übel vergrößert.

Am vernünftigsten erscheint im Moment ein Versuch der USA in letzer Minute, mit anderen lateinamerikanischen Staaten zusammen eine politische Kompromißlösung auszuhandeln. Und hier darf man den Rundschluß auch wieder zur österreichischen Innenpolitik, zurückführen:

Die selbstgefälligen Maulhelden sollen endlich schweigen und einsehen, daß es längst nicht mehr um ein Anschwärzen des Gegners, sondern um die Erhaltung eines menschenwürdigen Systems überhaupt geht.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung