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So ekelt man Heide Schmidt hinaus

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Narrenfreiheit, Abstauberin, eine Belastung für die Partei, die sie zur „Bedürfnisanstalt" gemacht hat, illoyal, arrogant, überheblich, arbeitsscheu: Heide Schmidt wurde in den vergangen Tagen öffentlich verbal hingerichtet. Wenn einmal bereits drittklassige politische Zufallskarrieristen ungeniert und ungestraft derart auf die stellvertretende FPÖ-Parteiobfrau und Nationalratspräsidentin losbeißen dürfen, weiß man, welche Stunde Schmidt geschlagen hat. Eine Demütigung sondergleichen. Bei Kriemhild Trattnig hat man es noch kabarettistisch versucht.

Aus der geforderten Ablöse Schmidts wurde beim Parteivorstand am Dienstag dann doch nichts. Jörg Haiders Polit-Dilettanten war das parteieigene Statut nicht geläufig, weshalb der FP-Führer die Blamage vorsorglich zum Gnadenakt uminterpretierte: Er weigere sich, in diesem Gremium eine Ablösediskussion zu führen, Schmidt müsse sich aber gefallen lassen, „daß ihr andere die Meinung sagen". Auch das unterscheidet Haider von Heide: Ihm die Meinung zu sagen, ist Schmidt nämlich zum Verhängnis geworden. Umgekehrt nahm er es ohne Wimpernzucken hin, daß man sie aus- und hinrichtete.

Grundvernünftig hat ja Schmidt die Auffassung vertreten, daß die Ausländer-Frage für ein „Parteibegehren" der FPÖ, das als Volksbegehren getarnt wird, denkbar ungeeignet sei, daß man in dieser Frage keine Emotionen schüren solle. Faktum ist zudem, daß ein solches Parteibegehren für billige Stimmungsmache zur Halbzeit dieser Legislaturperiode zwar in Haiders Kopf herumgeistert, aber kein Parteigremium je zuvor darüber befunden hat.

Schmidt steht für die Position, und sie hat es im Bundespräsidentenwahl-kampf unter widrigen Umständen bewiesen, daß FPÖ-Politik auch ohne primitiv-dumpfen Populismus erfolgreich sein kann. Sie hat damit - angefeindet von rechts - Haiders Wahlerfolg 1990 eingestellt. „Die großen Erfolge bei den letzten Wahlen", gab Norbert Burger zu bedenken, „wurden mit klaren rechten Argumenten gewonnen. Würde Heide Schmidt dieselben Stimmen bekommen, würden die Linksliberalen frech ihr Haupt erheben und sagen, es geht mit ihren Argumenten genauso gut wie mit den rechten von Haider."

Schmidt ist in der jetzigen Konstellation der FPÖ (noch) die einzige Alternative zu Haider. Daß die Meute auf sie losgelassen und nicht zurückgepfiffen wurde, hat Schmidts Zukunft entschieden. Die Panne mit den Statuten ersparte es Haider sogar, eine „Märtyrerin" zu schaffen. Die Demütigungen sollen sie vielmehr selbst zur Aufgabe zwingen.

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