Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
So wählten die Tiroler
Mit einer Ausnahme - dem Ergebnis in der Stadt Kufstein - blieben die Verluste der Tiroler SP und FP sowie die Gewinne der ÖVP über das ganze Land gleich verteilt.
Mit einer Ausnahme - dem Ergebnis in der Stadt Kufstein - blieben die Verluste der Tiroler SP und FP sowie die Gewinne der ÖVP über das ganze Land gleich verteilt.
Eine erste Analyse der Tiroler Landtagswahl vom 17. Juni läßt ziemlich genau jenen Trend erkennen, der sich schon bei den letzten Regionalwahlen in Niederösterreich und in Salzburg sowie beim bundesweiten Urnengang zur Arbeiterkammerwahl abgezeichnet hat. Im Prinzip hält diese Entwicklung seit der Nationalratswahl vom 24. April 1983 an.
Schlagwortartig skizziert: Starke Stimmengewinne der Volkspartei vor allem in den Industrieregionen und in den sozialistischen Hochburgen, ein Stopp des Abwärtstrends der Volkspartei in den eigenen Hochburgen, vor allem in ländlichen Gebieten, konstante Stimmenverluste der Freiheitlichen Partei und Achtungserfolge, aber kein Durchbruch, sprich Mandate für neu auftretende wahlwerbende Gruppierungen und Parteien.
Aus diesem allgemeinen Trend ausgeschert ist bei den Tiroler Wahlen lediglich das Ergebnis in Kufstein, der Heimatstadt des FP-Spitzenkandidaten und dortigen Bürgermeisters Siegfried Dil-lersberger.
Mit 3335 Stimmen, das sind um fast 1000 Stimmen mehr als bei den Landtagswahlen 1979, überholte Dillersberger gar die Volkspartei und die FPÖ wurde mit über 41 Prozent stimmenstärkste Partei in Kufstein.
Während bei den Wahlen 1979 die FPÖ in Kufstein nur knapp hinter der Volkspartei und knapp vor den Sozialisten gelegen war, verfügt die Dillersberger-Partei nun über mehr als doppelt so viele Stimmen wie die SPÖ. In Prozentpunkten ausgedrückt verlor die ÖVP in Kufstein 4,3, die SPÖ hingegen gleich 8,8 Prozentpunkte, was den Verlust fast jedes dritten SP-Wählers bedeutet. Nur das außergewöhnliche Abschneiden in Kuf stein sicherte der FPÖ schließlich das Grundmandat im Wahlkreis Nord, bestehend aus den politischen Bezirken Kufstein und Kitzbühel. Nur in diesem Wahlkreis konnte die FPÖ ihr Ergebnis bei den Landtagswahlen 1979 in etwa wiederholen.
Dillersbergers Ruf endete aber schon an der Kufsteiner Stadtgrenze. Am schlimmsten von Stimmenverlusten betroffen waren die Tiroler Freiheitlichen im Wahlkreis Ost, identisch mit dem politischen Bezirk Lienz. Dort lief den Freiheitlichen fast jeder zweite Wähler davon. Und das, obwohl die Freiheitlichen Osttirol und im besonderen das umstrittene Kraftwerk Dorfertal zu einem Hauptthema ihres Wahlkampfes gemacht hatten.
Die Verluste der Tiroler Sozialisten blieben mit einem Stimmenrückgang um etwas mehr als vier Prozentpunkte in allen Landesteilen konstant. Uberdurchschnittlich viel verloren die Sozialisten in den Bezirken Schwaz und Kufstein sowie in der Landeshauptstadt Innsbruck selbst mit einem Minus von an die fünf Prozentpunkte. Aber auch die Freiheitlichen verloren in der Landeshauptstadt ein Viertel ihrer Wähler im Vergleich zu den Landtagswahlen 1979.
Wenn auch regionale Wahlergebnisse nur zum Teil und mit großer Zurückhaltung den Ergebnissen von Nationalratswahlen gegenübergestellt werden dürfen, so liefert eben dieser Vergleich doch einige interessante Rückschlüsse.
Die Sozialisten verloren demnach in ganz Tirol bei den Landtagswahlen gegenüber den Nationalratswahlen 1983 fast zehn Prozentpunkte, was einem Verlust von über 30 Prozent ihrer Wähler entspricht. Mitverursacht hat das schlechte Wahlergebnis der Tiroler Sozialisten sicherlich die „Liste für ein anderes Tirol": In Innsbruck selbst erzielte diese alternative und vor allem im Lager der unzufriedenen Sozialisten auf Stimmenfang gehende Partei ihr bestes Ergebnis mit einem Stimmenanteil von fast fünf Prozent. Und die Verluste der SP-Tirol entsprechen vor allem in den städtischen Ballungszentren ziemlich genau dem Ergebnis dieser „Liste". Nach dieser Analyse zeichnet sich also auch eine größere Vertrauenskrise zwischen potentiellen Linkswählern und der SPÖ ab.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!