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Digital In Arbeit

So werden Medien-Biotope ausgetrocknet

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Es ist ernüchternd: Journalistische Qualität ist nicht das Hauptkriterium, das die Existenz einer Zeitung sichert. Sonst hätte die AZ, so wie sie sich in den letzten Monaten präsentiert hat, nicht mit Ende Oktober eingehen dürfen.

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Es ist ernüchternd: Journalistische Qualität ist nicht das Hauptkriterium, das die Existenz einer Zeitung sichert. Sonst hätte die AZ, so wie sie sich in den letzten Monaten präsentiert hat, nicht mit Ende Oktober eingehen dürfen.

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Die Sterbehelfer haben dafür als tieftrauernde Hinterbliebene theaterreife Auftritte geliefert. Ohne jeden Genierer. Und sie werden bei nächster Gelegenheit wieder in diese geübte Rolle schlüpfen.

Es stimmt schon, wenn Norbert Leser in seinem Beitrag historische Hypotheken ins Treffen führt. Der AZ hat aber auch eine SPÖ das Grab geschaufelt, die ihr über Jahre eine Propagandarolle der hofberichterstattenden Rotmalerei aufgezwungen und den redaktionellen Informationsfreiraum stranguliert hat. Die Verpflichtung auf Einäugigkeit und

Einseitigkeit bringt jede Zeitung um. Zu spät wurde der AZ freies Atmen zugebilligt.

Und die Medienpolitik? „Medienpolitik reduziert sich bei uns auf das Bemühen um möglichst positive Behandlung von eigener Partei, Person und Position" (Hannes Haas). Damit ist aber auch schon alles gesagt - und erklärt. Auch die Angst, sich mit Mediengiganten anzulegen. Der KroKuWAZ-Firma Mediaprint wurde die AZ von der SPÖ durch den Verkauf der Vorwärts-Druckerei sogar ausgeliefert. Und mit angebotenen 120 Prozent höheren Druckkosten ab 1992 hat die Mediaprint ihren marktbeherrschenden Druck spüren lassen.

Das marktwirtschaftliche Prinzip von Angebot und Nachfrage hat keineswegs immer Qualitätsauslese zur Folge. Auch nicht im Medienbereich. Was richtig und notwendig ist, kann sogar sehr unpopulär sein. Darum ist es zuletzt auch der AZ nicht gelungen, neue Leser zu gewinnen. Die Lesermassen halten nicht zuerst nach ausgewogener, kritischer Information Ausschau, sondern „sind ständig auf der Suche nach der Bestätigung ihres Weltbildes" (Josef Gunz). Und das muß noch dazu Unterhaltungscharakter haben.

Masse und Kasse, sprich: die Magie der großen Zahl bei Reichweite und Kaufkraft -das ist der Maßstab der Werbewirtschaft, auch wenn die Werbebotschaften in,.Inseratenfriedhöfen" untergehen oder ung'schaut in den Papierkorb wandern. Für kleinere Medien fallen bestenfalls Brosämchen der Etats ab. Die AZ ist wesentlich am zu geringen Anzeigengeschäft gestorben. Je besser und unabhängiger sie wurde, desto weniger Inserate.

So werden mediale Biotope systematisch und bewußt ausgetrocknet. Das ist die Realität weitab von gepriesener Qualität. Medienvielfalt als Anliegen? Karl Steinbuchs Sicht verheißt nichts Gutes: Nur das Einfachste hat eine Chance, simple Denkmodelle verdrängen differenzierende. Und die Massen unterhält 's.

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