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Sogar Rupert Mtirdoch mußte US-Bürger werden

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IDie Zeitungen, die nach wie ^ vor aus eigener Kraft erscheinen, die sich der Verbandelung mit mächtigen Medienkonzemen entziehen koimten, und die gerade in den Bundesländern der in Westeuropa einmahgen Pressekonzentration bisher Widerstand geleistet haben, sollten alles daran setzen, um durch eine großangelegte Informationskampagne die Bevölkerung, die Leserinnen und Leser, auch die poUtisch Verantwortlichen über die Gefahren des medialen Konzentrationsprozesses in Österreich aufzuklären. Nur durch Kenntnis über die akute demokratiepoU-tische Gefährdung wird der Widerstandswille breiter Volksschichten geweckt werden können.

2. Die Zeitungsherausgeber und JoumaUsten dieser Blätter sollten nicht länger primär nach Interventionen politischer Gremien rufen, sie sollten schon gar nicht über die schlechten Zeiten jammern. Vielmehr ist es die erste Angabe dieser Verlage, alles zu tun, um ihre eigene Identität und QuaUtät ihrer Zeitungen zu stärken, und alles zu vermeiden, was zu einer Nachahmung der Zeitimgsprojekte von Mediengiganten führen könnte.

Gleichzeitig sollten diese Zeitungen mit Energie und Fantasie darangehen, durch gemeinsame Projekte das Potential ihrer gemeinsamen Kraft stärker als bisher auszuspielen. Der Zusammenschluß der Bundesländerzeitungen zur Herausgabe eines gemeinsamen farbigen Fernsehmagazins ist ein erster Schritt in dieser Richtung, der noch vor kurzer Zeit gar nicht mögUch gewesen wäre. Diesem ersten erfreulichen Zeichen eines neugefundenen Selbstbewußtseins sollten weitere Beweise des Widerstandswillens folgen. Nur auf diese Weise wird man die poUtischen Kräfte mobilisieren und auch jene Poüti-ker ermutigen können, die gerade im Medienbereich Angst vor ihrer eigenen Courage haben.

3. Eine Perspektive künftiger Medienpoütik ist es, in diesem Zusammenhang für eine neue in-haltUche Struktur der österreichischen Zeitungen zu sorgen. Die Pervertierung öffentlicher Pres-

seförderung hat sich anhand mehrerer Beispiele in bedrückender Weise gezeigt Man sollte daher nicht allzu große Hoffnungen an einen quantitativen Ausbau der Presseförderung knüpfen, wenn man nicht diese Pressefördeifung mit vöUig neuen Methoden, auch mit quaÜta-tiven Zielsetzungen verbindet

Eine dieser Methoden, die sich anbietet, ist die Finanzierung einer bestimmten Anzahl von Aus-landsredaktionen für jede Tages-zeitungseinheit, da auf diese Weise endUch QuaUtät honoriert, der provinzielle Hauch österreichischer Zeitungen überwunden und die Luft der großen weiten Welt auch in die österreichische Presse eingelassen werden könnte.

4. Die stufenweise Abschaffung des ORF-Monopols wäre ein Beitrag für die NormaUsierung der österreichischen Medienszenerie, allerdings unter der Voraussetzung, daß man rechtzeitig die entsprechenden Maßnahmen trifft, damit nicht das auslaufende ORF-Monopol von aggressiveren Monopolen privater Zeitungskönige und Radio- oder TV-Anbieter um ein vielfaches übertroffen wird (Anm.: siehe dazu auch Seite 4).

Wenn „Mediaprint“ (Anm. d. Red:

WAZ, Kronenzeitung, Kurier) bei den Verhandlungen um die Schaffung eines Privatradios in Österreich in Zusammenarbeit mit dem ORF bereits gefordert hat, in Wien und in Niederösterrtich 70 Prozent der Anteile zu besetzen, dann ist zweifellos Gefahr in Verzug: Denn damit würde zum Pressemonopol in Ostösterreich auch noch ein privates Radiomonopol hinzugefügt Wem soll dies nützen, außer jenen Herren, die ihre Renditen nun auch im elektronischen Bereich verdienen wollen?

5. Mit allem Nachdruck müssen Medienpolitiker, die diese Bezeichnung verdienen, sowie Herausgeber und Journalisten, die um die GefährUchkeit der Situation wissen, darauf dringen, daß in den Schulen endUch mit einer systematischen und wirklichkeitsnahen Medienerziehung begonnen wird. Nur durch eine reaUtätsnahe Einführung in die Gesetzmäßigkeiten, in die Chancen und Versuchungen des Medienwesens der Gegenwart wird den Gefahren des zeitgenössischen Kampagnen-Journalismus von der Basis her begegnet werden können.

6. Erst wenn alle diese MögUch-keiten zur Selbsthilfe wirksam, beharrlich und mit dem Vertrauen in die eigene Kraft genützt werden, sollen jene Zeitungen, die der Versuchung zur Gleichschaltung und zum Medien-Eintopf nach wie vor widerstehen, mit Nachdruck ein Gesetz gegen die Pressekonzentration fordern und durchsetzen.

Das Übel der Pressekonzentration in Österreich hat unter anderem auch damit begonnen, daß es sich kapitalstarke Zeitungen leisten konnten, mit luxuriösen Preisausschreiben und mit Dumpingtarifen im Abonnement und Inseratenbereich die Konkurrenz niederzu-

käihpf en. Mit Hanc^eldem in Mil-honenhöhe sind in Osterreich Spit-zenjoumaUsten abgeworben worden, und dann zum Teil ohne Beschäftigung in irgendeinem Hinterzimmer gesessen, weil es gar nicht darum ging, ihr Können zu nützen, sondern nur eine Konkurrenzzeitung zu schädigen. Und wenn zum Beispiel die „Ganze Woche“ dieses Produkt einige Jahre hindurch weit unter dem Gestehungpreis angeboten hat, um eine Riesenauflage zu erzielen und damit ein lukratives Anzeigengeschäft zu erreichen, so sind dies alles Fehlentwicklungen,

denen Einhalt geboten werden inuß. Die gesetzUchen Bestimmungen gegen den unlauteren Wettbewerb sind schneller und härter zu exekutieren.

Zweifellos sind auch verschärfte kartellrechtUche Maßnahmen in Österreich notwendig. Hat beispielsweise ein Herausgeber in einer amerikanischen Großstadt bereits eine Zeitung und er will eine Femseh- und Radiostation dazu erwerben, dann muß er sich entscheiden, ob ihm das Zeitungsmachen oder das Femsehmachen Heber ist: Beides zugleich geht nach amerikanischer Gesetzeslage nicht In den USA sind die Multi-Media-Imperien, die monopolartig sowohl das Pressewesen als auch die elektronischen Medien in ein und derselben Region beherrschten, energisch entflochten worden.

Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum ähnÜches in Österreich nicht mögUch sein sollte. Natürlich nicht mit rückwirkenden Gesetzen, was in einem Rechtsstaat unmög-üch ist Wohl aber könnte man auch dem WAZ-Konzem eine Frist stellen, in deren Verlauf diese Fusionierung nach vorgegebenen Grundsätzen entflochten werden muß.

Wenn im Land des angebUch zügellosen Kapitalismus, in den Vereinigten Staaten, sogar ein Medienmann von der Macht eines Rupert Murdoch auf seine australische Staatsbürgerschaft verzichten und die ameriknaische Staatsbürgerschaft annehmen muß, um Femr-sehstationen zu erwerben, dann ist überhaupt nicht einzusehen, aus welchem Grund bei uns in Österreich Ausländem Tür und Tor zur Infiltration unseres Medienwesens ohne jede Einschränkung geöffnet wird.

Es ist nicht notwendig, daß wir unser Pressewesen und unsere elektronischen Medien in eine Unzahl von Vorschriften verstricken. Wohl aber ist es überfällig, daß wir wenigstens einige Prinzipien für tmser Medienwesen formulieren, und diese Grundsätze dann rigoros durchsetzen. Damit soU nicht die landes-übUche Vorüebe gefördert werden, Wettbewerb zu begrenzen oder gar auszuschalten, sondem es soll endlich die Voraussetzung für gleiche Startmögüchkeiten in einem zu belebenden undschärferen Wettbewerb geschaffen werden.

Der Autor ist Oiefredakteur der Grazer »Meinen Zeitung’. Der Beitrag zitiert aunugsweiM einen Aufaatz in: ČSTERREICHISCHES JAHRBÜCH FÜR POUTOC ‘88 (Hrg. KhoUXnaS&t-nemann),VerlagfurGeadüdrfeui)dPoUtiKWicn 1989.

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