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„Solange er lebt...“

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Fred Hennings, Doyen unter den Mitgliedern des Wiener Burgtheaters, ausgezeichnet mit den Titeln Kammerschauspieler und Hofrat, hat, wie alle echten Österreicher, zwei Berufe: einen, von dem erlebt, und einen, für den er lebt. Im ersten, dem Hauptberuf, ist er Schauspieler, im zweiten hat er sich zum großen Kulturhistoriker der Stadt Wien entwickelt, und hier insbesondere wieder für die Epoche Kaiser Franz Josephs. Schon sein dreibändiges Werk „Ringstraßensymphonie“ war ein Heldenlied auf diese letzte große Glanzzeit Wiens. Nun hat er mit einem fünften Band die Reihe „Solange er lebt“ vollendet. Diese fünf Bände umfassen die Jahre 1900 bis 1914, bis zu jenen verhängnisvollen Schüssen von Sarajevo und dem Beginn des Ersten Weltkrieges, mit dem nicht nur für Europa im allgemeinen, sondern für die Länder der Donaumonarchie endgültig eine Zeit zu Ende ging. Mit ungeheurer Verve und intimer Sachkenntnis schildert Hennings in diesen fünf Bänden jene merkwürdigen vierzehn Jahre, die einerseits von dem Bewußtsein geprägt waren, daß der Donaumonarchie nichts geschehen könne, solange Franz Joseph lebe, in welchen Jahren sich aber auch die Hoffnung an die Person Franz Ferdinands klammerte, daß mit seiner Regierungszeit eine neue Glanzzeit für das Donaureich beginnen werde. Hennings schildert die Stimmung jener vierzehn Jahre, in denen sich einerseits tiefste soziale Spannungen kundtaten und anderseits eine ungeheure Lebenslust zeigte, die völlig an allen politischen Ereignissen vorbeiging. Jahre, die voll waren von Kriegsgeschrei, und in denen einige wenige Stimmen, wie Bertha von Suttner, den Kampf gegen den Wahnsinn des Krieges begannen. Mit dem nun erschiene nen fünften Band wird die Reihe „Solange er (nämlich Franz Joseph) lebt“ beendet. In diesem letzten Band schildert der Verfasser die eigenartige Atmosphäre des Sommers 1914, dessen Stille durch die Schüsse von Sarajevo jäh unterbrochen wurde, und dessen Ruhe endgültig durch den Beginn des Weltkrieges endete. Plastisch schildert der Verfasser die Kriegsbegeisterung so vieler Menschen, die fast unbegreiflich erscheint, und die vergeblichen Friedensversuche weniger, die das Grauen des Krieges abwenden wollten.

Dieser Band setzt der Epoche von 1900 bis 1914 ein würdiges Denkmal. In einem persönlichen Nachwort schildert der Verfasser seine Eindrücke und Gefühle beim Eintreffen der Nachricht vom Tode Kaiser Franz Josephs. Der Verfasser stand damals als junger Reserveoffizier an der italienischen Front. Dieses Nachwort beweist, wie sehr auch junge Menschen von der Person Franz Josephs fasziniert waren. In einem Anhang wurden die kompletten Texte der österreichischen Note an Serbien nach dem Mord von Sarajevo sowie die serbische Antwortnote, die von der k. u. k. Monarchie als eine ungenügende Erfüllung ihrer Forderungen angesehen wurde, was zur Kriegserklärung führte, und das

Mit diesen fünf Bänden hat der Kulturhistoriker Fred Hennings ein neues Meisterwerk geschaffen.

Raimund Schiffner

SOLANGE ER LEBT. Band 5: „Der heiße Sommer.“ Von Fred Hennings. Verlag Herold, Wien-München. 152 Seiten, 82 Abbildungen, S 118.—. an Armen und Kranken; doch daran schließt sich in verschiedenen Jahrhunderten eine Unendlichkeit der verschiedensten Leistungen. Der Bau von Gotteshäusern, von Spitälern, von Festungen; die Ausrüstung von Kriegsflotten zum Schutz des Mittelmeers; die Begründung von Schulen; die Verwaltung von Herrschaften, ja von Fürstentümern — Heitersheim in Deutschland, und jenseits des Meeres Rhodos und dann Malta, das mit königlichem Rang ausgestattet wurde —; der Betrieb von Archiven, die der Verwaltung dieser Gebiete, aber auch dem Nachweis der Adelsproben dienen; die Herausgabe frommer und anderswie einschlägiger Bücher — all diese Tätigkeiten umgeben die höchste, unentbehrliche Beschäftigung christlichen Ordenslebens, das tägliche Gotteslob im Gebet.

Eine Genossenschaft vieler Autoren war nötig, um ein Bild solcher Tätigkeit durch neunhundert Jahre zu geben. So reichhaltig ist der Inhalt des schön ausgestatteten Bandes, daß man geneigt wäre, hier die endgültige, zufriedenstellende Ordensgeschichte zu begrüßen; und doch, soviel des Denkwürdigen wäre zu erzählen, daß auch hier die Vollkommenheit nicht zu erreichen war. Das Gesetz der Perspektive macht, daß die spanischen Zungen etwas zu kurz kommen…

Eine Eigenheit des vorliegenden Bandes ist es, daß ihn Malteser der deutschen Zunge und Johanniter der Balley Brandenburg — mit anderen Mitarbeitern — geschaffen haben. Beim Lesen dieser christlichen Gemeinschaftsarbeit wollen wir nicht bei dem zeitgemäßen Schlagwort von der Ökumene stehenbleiben, sondern uns zum alten katholischen Gedanken des Unionismus bekennen. Beten wir mit den Worten der alten Allerheiligenlitanei: „Daß Du allem christlichem Volk Frieden und Einheit schenken wolltest, wir bitten Dich, erhöre uns!“ Karl Schwarzenberg

DER JOHANNITER-ORDEN — DER MALTESER-ORDEN. Der ritterliche Orden des heiligen Johannes vom Spital zu Jerusalem. Seine Aufgaben, seine Geschichte. Herausgegeben von Adam W i e- nand in Verbindung mit Carl Wolfgang von B all e s tr e m und Christoph Freiherr von I m ho ff. Wienand-Verlag, Köln. 1970. 661 Seiten, davon 79 Bildtafeln, viele Textabbildungen, 2 Faltkarten.

DIE GOTISCHE ARCHITEKTUR, so sagen die Kunsthistoriker, stellt den Versuch dar, das Material zu entmaterialisieren. In Abwandlung dieser These könnte man sagen, daß die österreichische Barockkunst den Versuch darstellt, die Musik in Stein und Farben umzusetzen. Die vielleicht besten Beispiele dafür sind die Klosterbauten von Dürnstein in Niederösterreich und St. Florian in Oberösterreich. Besonders das letztere Stift ist die vollendetste und großartigste Gestaltung, die es auf diesem Gebiet gibt. Der Triumpf des römischen Katholizismus einerseits und des römischen Kaisertums andererseits über die furchtbare Gefahr der Türkenzeit wird hier in Stein und Farbe demonstriert. 26 der berühmtesten Barockkünstler wirkten an diesem Bau, so wie er heute vor uns steht, mit. Vor allen Dingen war es Jakob Prandtauer, der hier neben Melk sein Meisterwerk schuf. Vor kurzem feierte dieses Chorherrenstift seinen 900. Geburtstag, wobei dieser Geburtstag ein offizielles Datum darstellt, während die inoffizielle Geburtsurkunde viel älter sein dürfte. Wie schon der Name andeutet, dürfte dieses Stift sich vielleicht über der ehemaligen Begräbnisstätte des pensionierten römischen Amtsvorstehers Florian erhoben haben, der in der diokletianischen Christenverfolgung den Tod durch Ertränken in der Enns fand und inmitten eines großen, geheimen christlichen Friedhofs der Stadt Lauriacum seine Ruhestätte fand. Schon bald dürfte sich über dieser Begräbnisstätte eine Kirche erhoben haben, der Ursprung des heutigen Stiftes. Schon früh waren Augustiner Chorherren an dieser Stätte wirksam, die besonders im Mittelalter eine hohe Kultur entfalteten, wovon heute noch die berühmten stiftlichen Sammlungen der Donauschule ein beredtes Zeugnis geben. Aus der gotischen Zeit und der Zeit der Renaissance ist ansonst nicht viel geblieben, denn das Barockzeitalter wandelte das Stift in jene Gestalt um, in der es sich heute der Welt darbietett Aus Anlaß des 900jährigen Jubiläums erschien eine hervorragende Darstellung des Chorherrenstiftes aus der Feder von Dr. Otto Wutzel, die durch ein besonders reiches Bildmaterial ergänzt wird (Rudolf-Trauner- Verlag, Linz, 50 Seiten Text, 153 einfarbige, 8 mehrfarbige Bilder, S 290.—) und die Freude jedes Sammlers kunsthistorischer Bücher darstellen wird.

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