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Sorge um Österreichs Barockstifte

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Nach wie vor ist nicht abschätzbar, wie hoch die Kosten für den originalgetreuen Wiederaufbau des in der Nacht zum 27. November abgebrannten Traktes der Wiener Hofburg sein werden: 500,700 Millionen oder eine Milliarde Schilling. Noch immer steht nämlich unter anderem nicht fest, was beispielsweise im Unterschied zum vollständig zerstörten Großen Redou-tensaal im Kleinen Redoutensaal erhalten geblieben ist. Unter Aufsicht eines vom Denkmalamt abgestellten Restaurators sollen bei der Beseitigung des Bauschuttes wiederverwendbare Bauteile sichergestellt werden.

Nach wie vor steht auch die tatsächliche Schadenssumme für unersetzliches Kulturgut nicht fest, weil das einerseits schwer nach heutigem Geldwert zu taxieren ist und andererseits in der ehemaligen Habsburger Residenz zu viele Mieter, Untermieterund Nutzer einquartiert sind.

Seit dem Aufstand der Museumsdirektoren haben dank der in der Folge zugestandenen Museumsmilliarde die Prunkräume der Hofburg, die Nationalbibliothek, die Geistliche und Weltliche Schatzkammer, das Ephesos-Museum und die Musiksammlung des Kunsthistorischen Museums automatische Brandmeldegeräte erhalten. Gleiches gilt für das Hauptgebäude des Kunsthistorischen Museums und für das Naturhistorische Museum sowie für Schloß Schönbrunn.

Brandmeldegeräte, die innerhalb eines gewissen Bereiches sehr sensibel bereits auf geringste Rauchentwicklungen reagieren, gibt es dem Vernehmen nach im Parlament und im Stephansdom. Ob allerdings in genügend großer Anzahl und stets an den richtigen Stellen, das ist schon wieder ein anderes Kapitel. Im Schloß Schönbrunn, sagt man bei der Feuerwehr, sind es auf jeden Fall zu wenige. Man hat sie aus finanziellen Gründen nicht in allen Stockwerken und aus ästhetischen Erwägungen (schließlich macht sich solch ein Gerät weder auf einem Fresko noch auf einer Kassettendecke sehr schön!) nicht stets in effizienten Abständen installiert.

Im Benediktinerstift Melk, dem von Jakob Prandtauer erbauten Inbegriff aller österreichischen Barockstifte, gibt man zu, einen Rauchmelder lediglich im Archiv installiert zu haben. Im übrigen habe man sich bislang darauf verlassen, bei Tag alles überschauen zu können. In der Nacht, meinte man, würde weder in der Kirche noch in den Schauräumen mit den museal eingerichteten Kaiserzimmern und der Bibliothek mit ihren wertvollen 75.000 Bänden, 1.800 Handschriften und 800 Inkunabeln sowie dem Deckenfresko von Paul Troger ein Kabelbrand entstehen, weil um 22.45 Uhr der Strom ausgeschaltet wird. Und an einen durch eine weggeworfene Zigarette ausgelösten Brand, geschweige denn an Brandstiftung, habe man eigentlich außer in den Zeiten der Großausstellungen wegen des herrschenden Rauchverbotes nicht gedacht.

Trotzdem technische Schutzmaßnahmen nicht außer acht gelassen haben erst kürzlich die Benediktinerpatres des Vierkantstiftes in Seitenstetten. Sie ließen im Zusammenhang mit der Neuaufstellung ihrer Gemäldegalerie, die rund 600 Werke aus Gotik und Barock umfaßt, automatische Feuermelder einbauen.

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