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Sorgen der Blauhelme

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Die durch das westliche Desinteresse an dem „unsinkbaren Flugzeugträger“ heraufbeschworene prekäre Finanzlage des 320.000-Seelen-Insel- Staates im Mittelmeer, die Ministerpräsident Mintoff zu seinen hektischen Winkelzügen zwischen London, NATO und Moskau veranlaß- ten, sind jedoch nicht das einzige P-oblem des 55jährigen, nahezu pathologisch antibritisch eingestellten Regierungschefs. Wichtiger noch als Bargeld in der Staatskasse sind Arbeitsplätze für die in den teilweise brachliegenden und größtenteils

Der Einsatz der Befriedungs- und Polizeitruppe der Vereinten Nationen auf der vom Nationalitätenhaß und neuestens auch von politischen Wirren erschütterten Inselrepublik Zypern ist wieder einmal, wie regelmäßig alle paar Monate seit 1964, verlängert worden. Die inner- und außerzypriotische Kritik an der Verschleppung der kostspieligen Präsenz der blaubehelmten Friedenswächter aus vorwiegend neutralen und Commonwealth-Staaten, unter denen die Österreicher und Kanadier den bedeutendsten Beitrag leisten, ist diesmal aber in besonders lautem Ausmaß spürbar geworden.

Die von gewissen griechischzypriotischen Kreisen bei leichtgläubigen Reportern geschürte und dann in der Boulevardpresse verbreitete Legende vom parasitären Schlaraffenleben der UN-Mannen auf der Insel der Aphrodite, wo neben hübschen und entgegenkommenden Mädchen auch süffflger Wein und zahlreiche Duty-Free-Shops aus dem Boden wachsen, entspricht aber ebensowenig der harten Wirklichkeit wie die angeblichen Phantasieuniformen, die sich österreichische UN-Of- fiziere in Nikosias Schneidergasse hätten fertigen lassen.

Im Gegenteil hat sich der Dienst aller drei UN-Kontingente, von der Truppe über die Polizei bis zur Sanität, in den letzten drei Jahren außerordentlich erschwert. Dafür sind vor allem die Lockerung der bis 1968 strengen Grenzen zwischen den türkischen Minderheitsgebietem und dem von der Regierung Makarios kontrollierten Großteil Zyperns, die Hineinziehung weiterer Minderheiten der Insel ln die Nationalitätenfrage und das langsam aber sicher in einen Bürgerkrieg übergleitende Mißverhältnis innerhalb der dominierenden griechischen Volksgruppe maßgebend.

Die Armenier zwischen den Fronten

Aber auch der Postendienst an der Linie, die Nikosias türkische Altstadt von dem sich rasch zu einer ostmediterranen Metropole Beiruter Stils entwickelnden Neu-Nikosia mit Regierungs- und Geschäftsviertel trennt, ist neuestens durch die zusätzliche Verwicklung der Armenier in die griechisch-türkische Rivalität problematisch geworden. Zyperns türkische Minderheit hätte ja in den weithin unbekannten starken armenischen, arabischen und jüdischen Kommunitäten der Insel ein Gegenstück, doch legen diese mehr auf Handel mit den Griechen denn auf nationalistische Agitationen Wert. Nun ist aber das als Pufferzone zwischen den Türken und Hellenen liegende Armenierviertel Nikosias zu einem Trouble-Spot ersten Ranges geworden, nachdem sich türkische Freischärler mit MG und Granatwerfern am Turm und in der Kuppel der armenischen Kathedrale eingenistet haben. Von einer analogen Krisensituation berichten UN-Poli- zeistreifen aus den christlichen Araberdörfern Nordzyperns, die an den türkischen Sektor von Kyrenia grenzen.

All das sind aber noch Kleinigkeiten verglichen mit der Feindseligkeit, die von der nationalradikalen Untergrundbewegung der Zypem- griechen, „Nationale Front“, gegen die Männer unter dem blauen Helm an den Tag gelegt wird. Anschläge und Entführungsdrohungen der „Nationalfrontisten“ haben den klaren Zweck, das internationale Kontingent aus Zypern hinauszuekeln, zum angekündigten „Nationalen Schlachtfest“ zr schreiten und den „Anschluß“ Zyperns an Griechenland zu vollziehen, wo die zyprischen Terroristen auf die Ab lösung des von ihnen abgerüekten Militärregimes Papadopoulos’ durch eine „neue Ordnung“ unter dem alien Zypernhaudegen General Gri- vas hoffe:’

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