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Sowjet-Krimi

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Entführung, Mord, in Diebesbanden organisierte Jugendliche, die eine Großstadt unsicher machen, Rauschgiftschmuggel, im Hintergrund all dieser Verbrechen agierende mächtige Politiker — eigentlich das Strickmuster für einen Krimi, der zum Beispiel in Chikago oder Neapel spielen könnte.

Weit gefehlt: Dieser Thriller spielt in Moskau und in der aser- beidschanischen Millionenmetropole Baku. Das macht dieses Buch auch so ungewöhnlich, zumal es bestätigt, was sich jedermann ohnedies ausmalen kann, was die Moskauer Propaganda aber stets, so gut es geht, zu verschleiern versucht: daß auch in der Sowjetgesellschaft das organisierte Verbrechertum grassiert, Korruption keineswegs eine Randerscheinung, ja systemimmanent ist.

In ihren Thriller lassen die Autoren (ein ehemaliger sowjetischer Untersuchungsrichter und ein aus Baku stammender Moskauer Starjournalist, die aufgrund ihrer jüdischen Abstammung 1978 aus der UdSSR emigrieren durften und dieses Buch unter einem Pseudonym veröffentlichten) aber auch treffliche Schilderungen der Arbeit der sowjetischen Sicherheitsapparate einfließen, zeigen die Rivalitäten des KGB, des MWD (Geheimdienst des Innenministeriums) und der Justiz auf.

Was die Potenz dieser Apparate anlangt, schreiben die Autoren:

„Das ist eben die Stärke des Sowjetregimes, daß mit einem einzigen Erlaß innerhalb kürzester Zeit ein tausendköpfiges Heer von Fahndern mobilisiert werden kann. Jede Stadt, egal wie groß, jedes Gebiet des Landes, ja sogar eine ganze Republik — kann hermetisch abgeriegelt werden, so daß nicht einmal eine Maus durchschlüpft oder eine Taube unbemerkt hinwegzufliegen vermag … Dabei habe ich bloß die erste Stufe dieser Maschinerie in Gang gesetzt. Die Armee ist ja noch nicht aufmarschiert. Und doch gleicht Moskau einem Sieb,

durch dasHunderttausende durchgerüttelt werden.”

Der Polizeistaat par excellence also, der im Falle der Sowjetunion ja nicht ausschließlich zur Verfolgung von Verbrechern, sondern vor allem auch von Andersdenkenden in Erscheinung tritt.

„Geschäfte in Baku” ist nicht nur ein überaus spannender Thriller, er bietet auch höchst interessante Informationen über die Sowjetgesellschaft im allgemeinen, ihren kriminellen Untergrund und die Mechanismen der Moskauer Verbrechensbekämpfung im besonderen.

GESCHÄFTE IN BAKU. Von Alexander Nemow. Scherz-Verlag, Bern-München 1983. 286 Seiten, Ln., öS 229,50.

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