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Sozial und kommod trotz Wohnungsnot

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Ein Dach überm Kopf: Das gehört zu den wenigen Dingen, auf die der Mensch nicht verzichten kann. Um dieses elementare Grundbedürfnis sind in Österreich gegenwärtig rund 200.000 Wohnungssuchende angestellt. Würde sich nichts ändern, könnten es am Ende dieses Jahrzehnts 340.000 sein.

Die Ursachen für diese Abgründe zwischen Nachfrage und Angebot sind vielschichtig, auch ohne die Probleme, die sich durch Zuwanderung zusätzlich ergeben. Vor allem ist der Wohnbedarf durch die höhere Lebenserwartung und die frühere Ausgliederung junger Menschen aus ihrer Familie gestiegen.

Der Wohnbau hat mit diesem - absehbaren - Trend nicht Schritt gehalten. Allein im letzten halben Jahrzehnt wurden, gemessen an den Erfordernissen, um rund 42.000 Wohnungen zu wenig fertiggestellt.

Tausende Wohnungen können auch dann nicht über Nacht aus dem Boden gestampft werden, wenn SPÖ und ÖVP in seltener Übereinstimmung bei den Klausurtagungen ihrer Parlamentsfraktionen beim Wohnbau endlich „Handlungsbedarf' erkannt haben. Bis die ersten der jährlich zusätzlich anvisierten 15.000 Wohnungen bezogen werden können, wird die Warteschlange der Wohnungssuchenden noch länger sein.

Die Anhebung der Höchstbeiträge beim Bausparen auf 10.000 Schilling, die Schaffung eines analogen Systems für ein „Wohnsparen": Das sind richtige Ansätze, nur mit dem Ärgernis verbunden, daß dafür keinerlei budgetäre Vorsorge getroffen wurde. Richtig deshalb, weil fast die Hälfte der Wohnbauleistung überhaupt von privaten Personen getragen wird, weitere 30 Prozent steuern gemeinnützige Bauvereinigungen bei. Und der Gemeindebau? Maximal vier von 100 neuen Wohnungen werden von Gebietskörperschaften erbaut. Was nicht heißt, daß es nicht auch großen Bedarf an billigen Sozialwohnungen gäbe.

Dafür wird aber einerseits zu teuer gebaut - was etwa in Wien dazu führt, daß Mieter in Gemeindeneubauten sich diese nur mehr durch zusätzliche Wohnbeihilfe leisten können -, andererseits haben es sich aber in bestehenden Sozialwohnungen längst viele kommod gemacht, die zwar seinerzeit bedürftig waren, die aber zwischenzeitlich in Einkommens- und Vermögensverhältnisse aufgerückt sind, die dem sozialen Wohncharakter hohnsprechen.

Die objektive Wohnungsvergabe an Bedürftige, wie das die ÖVP verlangt, dürfte gar kein Thema mehr sein. Notwendig wäre vielmehr eine Beschränkung, die den billigen Mißbrauch durch bereits wohlhabend Gewordene unterbindet. Aber wer traut sich das?

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