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Soziale Tat gesucht

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Der steirische Katholikentag des Jahres 1981 war ein eindrucksvolles Ereignis, nach allen herkömmlichen Kriterien als Erfolg qualifizierbar. Nur: Die Zahl der Kirchenaustritte lag hinterher höher als zuvor.

Vielleicht ist auch das im Sinne konsequenter Entscheidungen zu begrüßen. Zu denken geben muß es jedenfalls, auch bei der Planung für den Osterreichischen Katholikentag 1983. Nach der jüngsten Wochenendtagung des Katholikentagskomitees beginnt dieser nun Gestalt anzunehmen.

Schon am heurigen Dreifaltigkeitssonntag, dem 6. Juni, werden Österreichs Bischöfe den Katholikentag proklamieren. Eine Katholikentagsillustrierte mit 400.000 Auflagen wird ihn ebenso vorzubereiten versuchen wie eine Hörfunkserie im ORF-Bildungsprogramm im Herbst.

Dann werden neun Arbeitstagungen zwischen Herbst und Frühjahr, veranstaltet in allen Diözesen Österreichs, brennende Fragen rund um die Generalthematik Hoffnung aufarbeiten. Hier ist an große Offenheit der Aussprache und Konfrontation von Standpunkten an Stelle illusionärer Harmonisierungssucht gedacht.

Nicht nur beim Thema „Bergpredigt und Frieden" (Erzdiözese Wien) wird man darum nicht bangen müssen. Die Diözese Linz etwa wird sich des nicht minder brisanten Themas „Frau in Kirche und Gesellschaft" annehmen. Erfreulich, daß sich gerade eine Ordensfrau (Dr. Christine Gleix-ner) in der vorbereitenden Planung für ein „radikales" Aufgreifen dieser Problematik ausgesprochen hat.

Mit den neun Studientagungen will man der Tatsache Rechnung tragen, daß es beim Katholikentag selbst unmöglich sein wird.

noch große Diskussionen mit Tiefgang zu führen.

Deshalb werden die Resultate der Arbeitstagungen bei einem Delegiertentag Ende April 1983 zusammengefaßt, ergänzt und verkündet werden. Wie man darauf wenigstens zur Erinnerung auch noch beim Katholikentag selbst zurückkommen kann, ist ein noch ungelöstes Problem.

Einig ist man sich schon heute, daß es diesmal keine großen Proklamationen an die Adresse anderer - Staat, Parteien usw. - ge-

ben soll, sondern vor allem Forderungen an die eigene Adresse. Deshalb ist geplant, am Abend des 9. September 1983 nach Eröffnung des Katholikentags auf dem Wiener Stephansplatz auch Besinnung auf eigenes Versagen zu üben.

Dieser Abend wird unter dem Motto „Hoffnung durch Umkehr" stehen und damit eine Zentralaussage der christlichen Botschaft ins Blickfeld rücken: daß es für einen Neubeginn nie zu spät ist, daß Buße, Reue und Umkehr für jeden einzelnen wie für die Kirche als ganzes immer wieder eine Chance eröffnen.

Deshalb werden auch zur Zeit des Katholikentags viele Wiener Kirchen tagsüber und nachts offenstehen — katholische und andere, für stille und für gemeinsame Andachten, für Beter wie für Freunde von Kirchenmusik.

Auch am Samstag, 10. September, vormittag werden viele Gottesdienste gefeiert werden, mindestens einer davon mit anderen christlichen Konfessionen gemeinsam. Im Anschluß daran sind Begegnungen von Christen verschiedener Bekenntnisse, von

Christen mit Juden und (das Al-lerschwierigste) von Christen und Muslimen vorgesehen, aber auch Diskussions- und Manifestationsveranstaltungen vieler katholischer Gruppen und Vereine.

Hier wird es darauf ankommen, durch größtmögliche Offenheit und Toleranz zu verhindern, daß Kleingruppen quasi einen Untergrund oder Gegenkatholikentag inszenieren (und damit unverhältnismäßige Publizität auf sich ziehen). Schließlich sollten die Veranstalter durch Verzicht auf Kleinmut und Ängstlichkeit aber auch ihre eigene Hoffnung glaubhaft machen.

Wie und wozu die Christen in Osterreich und Europa die 300 Jahre seit Abwendung der Türkenbelagerung Wiens genutzt haben, wird bei der Europa-Veranstaltung am Samstagabend zusammen mit dem Papst Zentralthema sein. Sie wird in eine von der Jugend gestaltete Gebetsnacht für den Frieden übergehen, aber in ihrem Kernstück auch eine stark marianische Note, am Magnificat orientiert, hervorkehren.

Die große Eucharistiefeier in Schönbrunn am Sonntag, 11. September 1983, bei der Johannes Paul II. mit Bischöfen Österreichs und Europas konzelebrieren wird (Fürbitten in allen Landessprachen Österreichs und denen seiner Nachbarn) wird das „demütige und freudige Fest" (Univ.-Prof. Hans Tuppy, Vorsitzender für geistige Planung) ausklingen lassen.

Was bleiben müßte, ist eine große soziale Tat, die über den Katholikentag hinaus Bestand hat. Uber sie wird noch intensiv nachgedacht. Jeder ist dazu eingeladen. Der Phantasie und Kühnheit ist keine enge Grenze gesetzt.

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