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Sparen bei Kohlepapier und Radiergummi?

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Daß der Versuch, den defizitkranken Fiskus durch massive Steuererhöhungen zu kurieren, nicht zielführend ist, stellt das trotz Belastungspaket gigantische Budgetpassivum für 1978 erneut unter Beweis. Dagegen blieben die durchaus vorhandenen Einsparmöglichkeiten weiterhin ungenützt.

Eine Aufgliederung des Budgets 1978 durch das Finanzministerium zeigt, daß die beiden größten Positionen „soziale Wohlfahrt und Gesundheit“ mit 71,71 Milliarden Schilling oder 26,6 Prozent einerseits und „Straßen und Verkehr“ mit 69,9 Milliarden oder 26,1 Prozent anderseits sind. Zusammen entfallen auf sie über 50 Prozent der Budgetausgaben.

Daneben nehmen sich etwa Bildung, Wissenschaft und Forschung mit 13,2 Prozent Budgetanteil oder Land- und Forstwirtschaft mit 5,5 Prozent sehr bescheiden aus. Deswegen soll natürlich diesen Ressorts keineswegs ein Freibrief für Verschwendung und willkürliche Forderungen ausgestellt werden, aber immerhin zeigt sich ganz deutlich, daß die massiven Einsparungen nur in den beiden ersten Sektoren möglich sein können.

Allerdings vermißt man in der ministeriellen Aufgliederung eine Position: den Aufwand für die öffentliche Verwaltung. Dieser ist sorgfältig in den übrigen Positionen versteckt. Zöge man diesen von den Sozial- und Verkehrsausgaben ab, dann würden diese Posten gleich viel weniger imposant aussehen.

Die seit langem versprochene, aber noch immer nicht initiierte Verwaltungsreform könnte daher die einzelnen Budgetansätze stark entlasten, ohne daß die Leistungen für die Bevölkerung im geringsten reduziert werden müßten. Freilich wird dies nicht durch Einsparungen bei Kohlepapier und Radiergummi oder durch Uberstundenerlässe gelingen, zumal Sich diese Maßnahmen in der Praxis dann doch als bloß teilweise realisierbar erweisen.

Eine echte Verwaltungsreform hätte eine durchgreifende Reorganisation des ganzen Apparates zur Voraussetzung - beispielsweise, indem man die installierten Computer wirklich personalsparend einsetzt. Die Verwaltungsreform müßte aber vor allem in der Vereinfachung schwer administrierbarer Gesetze bestehen.

Doch auch bei den effektiven Sozialausgaben wären Restriktionen möglich, ohne daß dies gleich eine Sozial- Demontage bedeuten würde - dies um so mehr, als die staatlichen Sozialausgaben nur ein Teil der gesamten Ausgaben auf diesem Sektor sind und solche der Sozialversicherung, der Gebietskörperschaften und der einzelnen Unternehmen noch dazukommen.

Diverse Sozialausgaben, die in Notzeiten nützlich und notwendig waren, sind in der Ära des Massenwohlstandes überflüssig. Beispielsweise wäre die Bezahlung von Medikamenten für Bagatellkrankheiten aus eigener Ta sche dem einzelnen heute durchaus zumutbar.

Des weiteren wurden gewisse Sozialleistungen verbessert, ohne daß die früheren (geringeren, aber für denselben Zweck) deswegen aufgehoben worden wären, wodurch Mehrfachdotierung bei gleichzeitiger administrativer Mehrgleisigkeit entstanden ist. So gibt es im Falle einer Geburt gegenwärtig die Geburtenbeihilfe, den Entbindungsbeitrag, die Familienbeihilfe und das Karenzurlaubsgeld sowie darüber hinaus noch in diversen Gebieten Österreichs vorwiegend kommunale Sachzuwendungen - und alles aus einer jeweils anderen Kasse.

Hier wären administrative Vereinfachungen möglich, abgesehen von der Frage, ob die Eltern finanzielle Beihilfen in einer späteren Phase der Kindererziehung nicht notwendiger hätten als bei der Geburt.

Auf dem Verkehrssektor könnten beispielsweise beim Straßenbau durch bessere Planung Milliarden eingespart werden. Das beginnt bei nachlässigen Bodenuntersuchungen vor der Trassierung und führt über die kostspieligen Umplanungen bis zur Notwendigkeit von nachträglichen Umbauten, wenn sich das Verkehrskonzept als falsch erweist. Des weiteren könnte beim Straßenverkehr doch stärker zum Verursacherprinzip übergegangen werden, so daß für Straßenbau und -erhaltung überhaupt keine allgemeinen Budgetmittel mehr notwendig wären.

Schließlich ist uns die Regierung die Sanierung von Bahn und Post noch immer schuldig geblieben, so daß das gemeinsame Passivum für 1978 bereits mit rund neun Milliarden - davon allein über sieben Milliarden bei der Bahn - präliminiert ist.

Auf allen diesen Sektoren gibt es also genügend - und noch dazu sehr massive - Einsparungsmöglichkeiten, deren Ausschöpfung eine spürbare Entlastung des Budgets mit sich bringen würde. Es ist keineswegs so, wie der Finanzminister immer behauptet, daß Ausgabenreduktionen nur auf Kosten der Pensionen, der Krankenfürsorge oder der Familien möglich wären. Sicherlich, bei diesen Posten Abstriche zu machen, ist bequem, administrative Einsparungen zu machen, ist hingegen mehr als mühevoll.

Am einfachsten ist es natürlich so, wie es in Österreich geschieht, nämlich Steuern zu erhöhen, weiter Defizite zu machen und die Ausgaben munter weiterwachsen zu lassen. Aber dies ist gleichzeitig auch der sicherste Weg, einen Staat finanziell, wirtschaftlich und schließlich auch sozial zu ruinieren. Es wäre besser, rechtzeitig erträgliche, wenn auch sicherlich nicht angenehme Abstriche zu machen, als eines Tages Restriktionen auch auf Gebieten durchführen zu müssen, wo diese unzumutbar sind.

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