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Sparen oder spekulieren?

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Aktien, Optionsscheine, Börsen- indizes! Schlagwörter, die in den letzten Monaten Tagesaktualität erlangt haben und scheinbar Ga- ranten für „schnelle Gewinne" in Millionenhöhe darstellen. Ver- ständlich in Zeiten, in denen der heimische Aktienmarkt von einem Höchststand zum nächsten eilt und in relativ kurzer Zeit (zum Beispiel ein Jahr) zwei- bis dreistellige Zu- wachsraten des in Aktien investier- ten Kapitals ermöglicht.

Es ist doch alles ganz einfach! Man nehme 20 bis 30 oder noch mehr „Tausender" und kaufe Ak- tien oder Optionsscheine und nach vielleicht schon ein paar Monaten hat sich das so „investierte" Geld verdoppelt oder verdreifacht. Zu oft unerwähnt in diesem Zusam- menhang bleibt jedoch die Tatsa- che, daß solche Szenarien der Ver- gangenheit keine Gewinngarantie für die Zukunft darstellen. Niemand spricht gerne angesichts dieser Euphorie von „Risiken", die mit Aktienengagements verbunden sind, obwohl der „Mini-Crash" des 16. Oktobers 1989 eindeutig gezeigt hat, daß es auch „abwärts" gehen kann und statt eines satten Gewin- nes ein schmerzlicher Verlust in Kauf genommen werden muß.

Der Schluß, den man aus obigen Betrachtungen ziehen kann, ist simpel und liegt auf der Hand: „Die ersten Ersparnisse" sollten tenden- ziell in weniger ertragreiche, dafür aber in um so sichere Veranlagun- gen „gesteckt" werden. Das Ange- bot ist vielfältig, ideenreich und vielleicht auch ein wenig „undurch- sichtig", da die Grenzen zwischen den Spar- und Anlageformen oft fließend verlaufen. Doch nicht die „Qual der Wahl" - sondern das „optimale Produkt" für jeden „Sparer" ließen in den letzten Jah- ren diese Palette von Anlagemög- lichkeiten entstehen.

Systematisiert man die angebo- tenen Spar- und Anlageformen nach den Gesichtspunkten - Ren- tabilität, Risiko und Liquidität-so erhält man die sogenannte „Anla- gepyramide" (siehe nebenstehende Grafik), die auch ein allgemein taugliches Gerüst für die „indivi- duelle Anlagestrategie" darstellt.

Die sichere Basis der „Pyramide" stellen die Spareinlagen - entwe- der mit gesetzlicher oder verein- barter Kündigungsfrist - dar. Die- se beiden fundamentalen Baustei- ne des Bauwerks zeichnen sich in ihrer Breite durch relativ niedrige Verzinsung, praktisch kein Risiko sowie keine beziehungsweise kurze Bindungsdauer aus. DieEinhaltung von „Bindungsvereinbarungen" wird durch höhere Zinssätze abge- golten. In standardisierter Form folgt auch das „Kapitalsparbuch" diesem „Bindungsprinzip", durch das die Verfügbarkeit über das Sparguthaben für den Anleger ein- geschränkt wird.

Sowohl das „Prämienkontenspa- ren" als auch das „Bausparen" weisen eine fixe Laufzeit auf. Die Besonderheit der beiden Sparfor- men liegt in der Tatsache, daß durch regelmäßige Einzahlungen - auch kleinerer Beträge - die monatlich oder quartalsweise geleistet wer- den, diese Anlageformen mit ihren höheren Renditen genützt werden können. Erfüllte Bausparverträge eröffnen außerdem die Möglichkeit eines „Anschlußkredites" zu gün- stigen Konditionen.

Das jährliche Renditeniveau von Lebensversicherungen - eine Spar- form, die auf den ersten Blick nicht sofort als solche erkannt wird - bietet neben dem Ablebensschutz auf eine Laufzeit von zehn bis 20 Jahren, abhängig von der steuerli- chen Absetzmöglichkeit, Erträge zwischen 7,20 und 9,20 Prozent.

Waren es bisher Kriterien wie „Laufzeit", Bindungsdauer und Einzahlungsmodalitäten, die - unter Umständen gepaart mit steu- erlichen Aspekten - den Ertrag bestimmt haben, so spielt ab der nächsten Pyramidenebene eine neue Größe die entscheidende Rolle - der Kurs, also der Preis, zu dem man diese „Wertpapiere" kaufen bezie- hungsweise verkaufen kann. Ist das Kursrisiko bei Pfand- und Kom- munalbriefen sowie bei Anleihen relativ gering - so ist es dennoch vorhanden und wird durch eine höhere Verzinsung abgegolten. Dem höheren Renditeniveau bei auslän- dischen Anleihen steht wiederum ein Devisenrisiko gegenüber, ob- wohl die fixe Verzinsung auch hier garantiert wird.

Dem festverzinslichen Wertpa- pier gegenüberstellen kann man - läßt man die drei Sonderformen der Veranlagung Genußscheine, Immo- biliengewinnscheine und Direktbe- teiligungen einmal außer acht - die sogenannten „Dividendenpapiere", also Aktien. Sie stellen nicht von ungefähr die Spitze der Anlagepy- ramide dar. Engagements in Ein- zelaktien oder professionell gema- nagten Aktienfonds eröffnen bei hohen Kurs- und Devisenrisiken längerfristig (drei bis fünf Jahre) hohe Wachstums- und Ertragspo- tentiale ohne jedoch einen fixen jährlichen Ertrag zu garantieren.

Ab drei Millionen Schilling bie- tet beispielsweise die Girozentrale privaten Anlegern im Rahmen ih- rer treuhändigen Vermögensver- waltung individuelles Portfolio- management. Basierend auf den Anlagezielen und -wünschen des Kunden wird nach den Ergebnis- sen ■ der Konjunkturprognosen, Wechselkurseinschätzungen und Zinsenerwartungen das individuel- le Portefeuille strukturiert. Die Ge- wichtung zwischen Aktien, Anlei- hen und Barbeständen steht am Beginn dieser Tätigkeit. Der Ak- tienanteil wird sodann einzelnen Märkten beziehungsweise Regionen zugeordnet. Erst dann erfolgt eine Entscheidung über die tatsächliche Titelauswahl. Ebenso wird bei den Anleihen vorgegangen, wobei hier das Auf teilungskriterium die Wäh- rung ist. Damit werden sowohl Wechselkurs- als auch Zinsent- wicklungen berücksichtigt.

Noch zwei Bemerkungen zum Abschluß:Es gibt keine Betragsun- tergrenze, ab der das Sparen inter- essant wird beziehungsweise ab der es sich lohnt, eine Anlagestrategie ins Auge zu fassen.

Das englische Sprichwort „Don't put all your eggs into one basket" ist auch hier anwendbar und gilt sowohl für Risiko- als auch für Liquiditätsgesichtspunkte. Die alt- bewährte Idee des sicher veranlag- ten, jederzeit verfügbaren „Notgro- schens" wird auch in Zukunft seine Berechtigung nicht verlieren.

Der Autor ist Kundenbetreuer in der Giro- zentrale in Wien.

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