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„Spiel der Mächtigen“

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Als erster Punkt auf der Tagesordnung des SP-Parteitages vom 10. bis zum 12. März steht der Besuch des „Spieles der Mächtigen“ im Wiener Burgtheater. Die Idee, auf diese Weise elitäres Vergnügen unters Partei-Delegiertenvolk zu tragen, dürfte nach der Veröffentlichung des Rechnungshofberichtes über die Zustände in den Bundestheatern auf geteilte Aufnahme stoßen, als Gag aber verdient sie Beachtung.

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Als erster Punkt auf der Tagesordnung des SP-Parteitages vom 10. bis zum 12. März steht der Besuch des „Spieles der Mächtigen“ im Wiener Burgtheater. Die Idee, auf diese Weise elitäres Vergnügen unters Partei-Delegiertenvolk zu tragen, dürfte nach der Veröffentlichung des Rechnungshofberichtes über die Zustände in den Bundestheatern auf geteilte Aufnahme stoßen, als Gag aber verdient sie Beachtung.

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Denn der Parteitag selbst will die Spiele der Mächtigen stören: Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Rupert Hartl, selbst ein Mann mit vielen und gut dotierten Ämtern, blies zur Hätz auf die Multifunktionäre, und die Junge SP-Generation schlug den Takt dazu. Ob tatsächlich den sozialistischen Multifunktionären an den Kragen gegangen wird, ist sehr fraglich. Arrivierte Sozialisten stellen sich

vehement dagegen und übernehmen die zwanzigste Funktion, noch während die Diskussion zu diesem Thema in der SPÖ läuft. So geschehen von Karl Sekanina, der nun zu seinen diversen Funktionen in der Partei, im ÖGB, in der Sozialversicherung, im Parlament auch noch das Amt eines Präsidenten des österreichischen Fußballbundes annahm; so, als ginge ihn die ganze Diskussion nichts an.

Wiens Landesparteisekretär und Parlamentarier Nittel hat sich lebhaft dagegen ausgesprochen, daß Landespolitiker nicht auf die Bundesebene transferiert werden können. Immerhin ist er Betroffener der gewünschten Ämterbeschränkung. Zentralsekretär Karl Blecha, ein Mann, der in der SPÖ weiterkommen will, seufzt denn hörbar und spricht nur mehr von „einer gewissen Verminderung von Ämtern“, eine Formel, auf die sich alle einigen dürften, die ohnedies schon die über ein Dutzend hinausgehenden Ämter abgeben möchten. Vornehmlich die, die außer Spesen wenig bringen. Dem Stein des Anstoßes, Rupert Hartl, aber macht man immer deutlicher den Vorschlag, er solle doch schauen, daß er in Oberösterreich mit einer guten Politik zum Zug

komme und nicht auf fremden Weiden grase. Seinen Kompagnon in dieser Frage, Albrecht Konecny, könnte dieser Parteitag ohnedies ereilen. Man munkelt, daß er nach nur zweijähriger Obmannschaft die Funktion des Obmanns der Sozialistischen Jugend an Justizminister Brodas „linke Hand“, Heinrich Keller, werde abgeben müssen.

Insgesamt liegen dem SP-Reform-parteitag 590 Anträge vor, von denen sich fast 40 Prozent mit der Ämterkumulierung befassen. Weitere Hauptpunkte sind; Die Verbesserung des innerparteilichen Willensbildungsprozesses; alle Fragen, die mit der „offenen“ Partei zusammenhängen; Funktionskontrolle und Ämterdeklaration; Wahlen in die Parteikörperschaften und Kandidatenaufstellung; Informationsfluß von der Basis zur Spitze der Partei und Fragen der Jugendarbeit und der Vertretung der Frauen.

Für Karl Blecha, kaum siebzig Tage als Zentralsekretär der SPÖ in Amt und Würden, könnte es ein sehr persönliches Parteifest werden, wenn es ihm gelingt, die Diskussion von der Ämterkumulierung ab- und den Informationsproblemen zuzuwenden. Sein bisher erster Streich war das Erscheinen der „Arbeiter-Zeitung“ auch am Montag und die Durchsetzung einer höheren Subvention für die Traditionszeitung.

Höhepunkt dieses Parteitages wird sicherlich nicht das Referat des Parteivorsitzenden Bruno Kreisky über den „Kurs auf die achtziger Jahre“ werden, auch nicht die ohnedies wieder erstickte Diskussion über den Kreisky-Wiesenthal-Peter-Konflikt, sondern die Wahl ins Parteipräsidium; obwohl niemand abgewählt wird. Hier gilt alles Interesse der Frage, von wieviel Streichungen die beiden „Kronprinzen“ Hannes Androsch und Leopold Gratz betroffen sein werden. Beide haben ihre Freunde in Wien und den Bundesländern, unter den Jungen und im ÖGB zu mobilisieren versucht, weshalb wohl auch die „Kronen-Zeitung“ zu diesem Schauspiel die Story von einem „Friedensschluß“ zwischen Androsch und Gratz meldete. Tatsache ist, daß am bundespolitischen Teil der „Arbeiter-Zeitung“ für den Finanzminister und im Wien-Teil für Leopold Gratz Stimmung gemacht wird.

So wie auch beim letzten Parteitag im Frühjahr 1975, stehen auch diesmal die Chancen für Leopold Gratz deutlich besser. Die Wiener, die Mehrheit der Bundesländersozialisten und die „Linken“ in der SPÖ dürften für ihn geschlossen votieren, bei Androsch dagegen Enthaltung üben. Der ÖGB-Flügel dürfte es eher mit Hannes Androsch halten. SPÖ-Kenner glauben freilich, daß sich beide zahlreiche Streichungen gefallen lassen müssen, so daß keiner über die 90-Prozent-Schwelle der Zustimmung gelangen wird. Von Hannes Androsch glauben manche Beobachter sogar, daß er unter der Zweidrittelgrenze bleiben könnte.

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