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Spiel mit dem Feuer

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Ein einziger Teilnehmer am Runden Tisch hat Sonntag nacht nach einer Erklärung, ja fast nach einer Rechtfertigung des Briefbombenterrors gesucht: Jörg Haider. Da komme Unzufriedenheit zum Ausdruck, „die Serie der Anschläge zeigt, daß da doch etwas mehr dahinter ist”. Mit ihrem Volksbegehren habe die FPÖ sogar noch größeren Schaden abgewendet.

Mir ist es eiskalt über den Rücken gelaufen. Und iöh habe in meinen Notizen und Unterlagen zu kramen begonnen: Hat nicht Haider mit dem, was viele be-füchtet haben, sogar gerechnet?

In Peter Pelinkas Buch über Heide Schmidt wurde ich fündig. Schmidt kommt dort auf eine FP-Klubsitzung zu sprechen, die ziemlich genau vor Jahresfrist im Vorfeld des Anti-Ausländerbegehrens stattgefunden hat. Dort habe sie gewarnt: „Das kann nicht euer Ernst sein, da kann ein Funke überspringen.” Haiders wörtliche Replik: „Ich rechne sogar damit, daß etwas passiert, die werden schon etwas organisieren.” Wobei er da wohl mehr die Gegner des Volksbegehrens und weniger die rechtsextremen Sympathiesanten ins Auge gefaßt haben dürfte.

Kaltes Kalkül beim Spiel mit dem Feuer: „Ich rechne sogar damit, daß etwas passiert ...” Aber darf denn das überhaupt jemand - gewarnt und bewußt - in Kauf nehmen? Von welcher Seite auch immer?

Nur um diese Einstellung und Einschätzung geht es da, nicht darum, um jedes Mißverständnis auszuschließen, Haider - selbst wenn Indizien in die rechtsextreme Szene weisen - mit dem oder den kriminellen Wahnsinnigen unrechtmäßig in irgendeine Beziehung zu setzen.

Aber keiner soll jetzt sagen, er hätte um die Gefahr, die mit geschürten Ängsten, gepflegten Vorurteilen und ausgespielten Emotionen in der Ausländerdiskussion zu einem explosiven Gemisch des Irrationalen zusammengemixt wurden, nicht gewußt. Hätte nicht bedenken können, wozu dies -wenn der Funke einmal überspringt - Psychopathen motiviert.

Der blutige Wahnsinn scheint Methode zu haben. Nein, das hat niemand gewollt. Das Entsetzen ist ehrlich und vereint die Demokraten des Landes - nachdem es passiert ist.

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