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Hubert Feichtlbauer: SPÖ wohin?

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Den Abschied von ihren Utopien haben sozialdemokratische Parteien in Theorie und Praxis weitgehend vollzogen. Der „neue Mensch“ und die „klassenlose Gesellschaft“ sind kein Thema mehr. Verstaatlichung ist out, mehr noch: sogar Privatisierung zumindest bis zu einer 51-Prozent-Anteilsgrenze des Staates ist ein politisches Ziel. Woran also soll man Sozialdemokraten heute erkennen?

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Den Abschied von ihren Utopien haben sozialdemokratische Parteien in Theorie und Praxis weitgehend vollzogen. Der „neue Mensch“ und die „klassenlose Gesellschaft“ sind kein Thema mehr. Verstaatlichung ist out, mehr noch: sogar Privatisierung zumindest bis zu einer 51-Prozent-Anteilsgrenze des Staates ist ein politisches Ziel. Woran also soll man Sozialdemokraten heute erkennen?

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„Die Legitimationskrise hat auch die westliche Sozialdemokratie eingeholt.“ Das war der letzte Satz des Vorwochenkommentars an dieser Stelle. Daran sei heute angeknüpft: Welche Konsequenzen könnten sich daraus denn nun ergeben?

Den Abschied von ihren Utopien haben sozialdemokratische Parteien in Theorie und Praxis weitgehend vollzogen. Der „neue Mensch“ und die „klassenlose Gesellschaft“ sind kein Thema mehr. Verstaatlichung ist out, mehr noch: sogar Privatisierung zumindest bis zu einer 51-Prozent-Anteilsgren-ze des Staates ist ein politisches Ziel. Woran also soll man Sozialdemokraten heute erkennen?

Eine der möglichen Alternativen ist das Einschwenken auf eine Linie, wie sie von der Demokratischen Partei in den USA verfolgt wird: sozial getönte Marktwirtschaftspolitik, milde Gesellschaftsreformen, Weltoffenheit.

Aber was das typisch Sozialistische daran sein soll, ist schwer zu erklären: Auch liberale und selbst konservative Parteien steuern heute vielfach einen solchen Kurs. Und auch die amerikanischen Demokraten haben ihre Identitätsprobleme.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Kombination von Minderheitenanliegen zu einer gemeinsamen Parteistrategie: Frauenbewegtes, pazifistisches, grünes Gedankengut, angereichert durch Eintreten für Minderheiten aller Art (ethnische, soziale Gruppen, Einwanderer, Flüchtlinge, Gastarbeiter, Arbeitslose) könnte eine durchaus mehrheitsfähige Politmischung ergeben. Es gibt Anzeichen dafür, daß Teile der SPÖ auf einen solchen Kurs hinzielen, vor allem ideologiebewußte Jüngere in der Partei.

Der Londoner „Economist“ hat in einer internationalen Analyse kürzlich eine dritte alternative Möglichkeit für Sozialdemokraten ausge^ macht: Verteidiger des Sozialstaates gegen eine erstarkende Rechte zu spielen. Aber auch eine solche Rolle wird eine Reihe anderer Parteien nicht den Sozialdemokraten allein überlassen: Christdemokraten, Liberale, selbst Konservative werden mit einer ähnlichen Stoßrichtung den demokratischen Sozialisten Konkurrenz machen.

Diese Version kann daher vor allem Sozialdemokraten in Koalitionen mit anderen gemäßigten Parteien als Wegmarkierung dienen.

Wofür sich die Sozialistische Partei Österreichs entscheiden wird, werden wir nach ihrem Parteitag am kommenden Wochenende genauer wissen. Aber was immer es sein wird: Es wird den anderen Parteien nicht ersparen, aus ihren nicht minder ernsten eigenen Identitätskrisen herauszufinden.

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