"Die Wannseekonferenz": Barbarei im Hauptabendprogramm

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Als jüngst im österreichischen und deutschen Fernsehen der aus Anlass des achtzigsten Jahrestages gedrehte, hochrangig besetzte Spielfilm über die „Die Wannseekonferenz“ gezeigt wurde, entschied ich mich gegen dieses Angebot. Ich tat es aus demselben Motiv, aus dem ich schon 2004 dem Kinofilm „Der Untergang“ ausgewichen war, in dem Bruno Ganz Adolf Hitlers letzte Stunden im zertrümmerten Berlin nachstellte.

Ich schreibe also über etwas, das ich gar nicht gesehen habe, wenn ich im Folgenden zur Diskussion stelle, ob es bei noch so sorgfältiger Regie überhaupt verantwortbar sein kann, die Täter von damals in Spiel-Filmen in Szene zu setzen.

Als der Ausnahme-Schauspieler Philipp Hochmair eingeladen wurde, in der Figur des Reinhard Heydrich die Hauptrolle zu spielen, scheint auch ihm diese Grundsatzfrage bewusst gewesen zu sein. Nicht ohne Skrupel entschied er sich am Ende dennoch dafür, die Herausforderung anzunehmen und damit eine „Reise auf einen finsteren Planeten“ anzutreten, wie er in einem nachdenklichen Interview gestand. Denn es machte ihm zu schaffen, dass das Drehbuch vorsah, den skrupellosen technokratischen Vorbereitungsprozess des Massenmordes an jüdischen Mitmenschen ausschließlich aus der Täterperspektive zu schildern. Nicht die abgründigen Seiten Heydrichs aufzeigen zu können, sondern sich rollenkonform mit ihm identifizieren zu müssen, fiel ihm nachvollziehbarerweise schwer.

Sprachlich gefiltertes Protokoll

Nun scheint es, glaubt man den Kritiken, nicht nur ihm, sondern auch einer ganzen Riege exzellenter Mitspieler durchaus gelungen zu sein, das unsägliche Geschehen von damals cineastisch gekonnt zu vergegenwärtigen. Dennoch halte ich die Intention dieser filmischen Inszenierung für verfehlt. Zum einen deshalb, weil die dramaturgische Umsetzung auf einem sprachlich gefilterten Protokoll fußt, das nicht den wahren Verlauf dieser einzig dem Ziel der systematischen Tötung aller europäischen Jüdinnen und Juden dienenden „Arbeitssitzung“ wiedergibt. Zum anderen, weil die vermeintlich „zivilisierten“ Begegnungsformen der Täterrunde gegenüber Geschichtsunkundigen verharmlosend wirken können. Erinnerungspolitische Ziele werden mit solchen auf paradoxe Weise empathischen Nachstellungen der „Banalität des Bösen“ (© Hannah Arendt) meiner Überzeugung nach wohl krass verfehlt.

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