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Ein Präsident mit Kanten

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Gegen einen starken Bundespräsidenten kann eigentlich niemand etwas haben: Wenn er Macht kontrolliert, wie er es wahlwerbend verhieß, sollten wir ihn gewähren lassen. Wenn er integrierend eingreift, wo Regierende auf wackeligen Beinen mehl;, zerstören als aufbauen, dann sollten wir ihm zurufen: Nur zu! Wenn er seinen Charihe einsetzt, ‘ ’ um uns Österreicher anderwärts glänzend zu vertreten, dann gewährt ihm, wie immer schon, freie Hand. Wenn er sich gegen Sparprogramme auf dem Rücken ohnehin sozial Schwacher ausspricht, dann spendet ihm tollen Applaus.

Nur, was sollen wir mit einem Bundespräsidenten anfangen, der sich über seine verfassungs- gemäßen Rechte und Pflichten hinaus in tagespolitische Streitereien einmischt und zudem den Eindruck erweckt, daß es ihm gar nicht so sehr um Anliegen Österreichs, sondern um die Anerkennung seiner Führungsrolle geht? Die Bewältigung des Waldheim- Traumas von einem isolierten Österreich sollte Klestil endlich zu einem unverkrampfteren Verhältnis gegenüber seinen Amtsver- Wigen kommen lassen.

Wenn Klestil sich zu sehr in Detailfragen der Tagespolitik verheddert, wird er seinen Kredit bei den Österreichern bald verspielt haben. Denn einlösen wird er konkrete Versprechungen, da ohne Regierungskompetenz, ohnehin, nicht können. Hat ihn beispielsweise schon jemand gefragt, wie er seine Vorstellung vom Abschleifen scharfer Kanten hinsichtlich des Sparpakets der Regierung verwirklicht sehen will?

Wenn er schon Österreich in Brüssel mitvertreten will (das wird ein Dauerstreitpunkt bleiben, ist das notwendig?), wird man ihm wohl abverlangen können, stärker Österreichs Interessen zu berücksichtigen und seine von vorauseilendem Gehorsam geprägten Polit-Vorstellungen (über NATO, WEU, Neutralität) diskursiv und nicht apodiktisch in die Auseinandersetzung hierzulande einzubringen.

Klestil wird sich als aktiver Präsident gefallen lassen müssen, daß er höchst aktiv kritisiert wird, daß ihm die Öffentlichkeit auch seine Ecken und Kanten.

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