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Starker Mann gesucht

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Am kommenden Dienstag, 23. Juni, finden in Israel Parlamentswahlen statt. 15 Jahre rechtskonservative Likud-Regierung haben noch nicht den Wunsch nach Veränderung erweckt. Umfragen zeigen ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Großen: Likud und sozialdemokratische Arbeiterpartei.

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Am kommenden Dienstag, 23. Juni, finden in Israel Parlamentswahlen statt. 15 Jahre rechtskonservative Likud-Regierung haben noch nicht den Wunsch nach Veränderung erweckt. Umfragen zeigen ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Großen: Likud und sozialdemokratische Arbeiterpartei.

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Die Likud-Regierung hat - insbesondere im letzten Jahr - auf fast allen Gebieten versagt: Fehlen persönlicher Sicherheit, keine Eingliederung der Neueinwanderer, 15-prozentige Arbeitslosigkeit, stagnierende Wirtschaft. Drei demoskopische Institute gelangten zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das eine kommt für den rechten Block - bestehend aus Likud, den drei rechtsaußen Parteien und den Religiösen auf 53 Prozent, das zweite gibt der „Arbeit", wie sich die Arbeiterpartei jetzt kurz nennt, gemeinsam mit der linken Merez und den arabischen Listen mehr als 50 Prozent, das dritte prognostiziert ein 50 zu 50 Verhältnis.

43 Prozent der Befragten sehnen sich nach einem starken Mann, der endlich wieder Ordnung schafft. Demokratie ist für diese nicht so wichtig wie die Lösung der wirtschaftlichen und politischen Probleme des Landes durch einen Supermann.

Diese Wahlen sind für Israel und den Nahen Osten ausschlaggebend. Denn es geht um nicht mehr und nicht weniger als um das Gelingen der Friedensverhandlungen. Der Likud und seine rechten Partner sind zu keinerlei Gebietskompromissen bereit, ohne die es keinen Frieden geben kann. Die linke Gruppierung zusammen mit der Arbeiterpartei will einen Judenstaat mit einer kleinen arabischen Minderheit und will deswegen die meisten arabischen Gebiete zurückgeben.

Der Terror der letzten Wochen - ein Mädchen in Jaffa, ein Araber, der es retten wollte, ein Mädchen in Bat Yam, ein Rabbiner im Gazastreifen wurden ermordet - spielt in die Hände der Rechtsextremisten. Primitive Volksschichten sprechen auf Hetzparolen wie „Tod den Arabern" an.

Eine Lösung kann diese Regierung nicht bieten. So schloß sie einfach den Gazastreifen, aus dem die Terroristen kamen. Zehntausende konnten daher nicht zur Arbeit nach Tel Aviv kommen. Noch gibt es im Gazastreifen keine Hungersnot, doch die Armut wird immer größer- die Verbitterung auch.

In dieser Woche absolvierte eine Kompanie von Reservisten ihren Dienst im Gazastreifen. Sie veröffentlichten, nachdem sie wieder in ihr Zivilleben zurückgekehrt waren, zusammen mit ihren Kommandanten einen Offenen Brief an die Regierung, den Gazastreifen sofort zu verlassen. „Wir haben dort nichts verloren", so die Reservisten, die mit verschiedenen Parteien sympathisieren. Der Dienst in Gaza sei einfach unmöglich. Und wie immer reagierte Premier Jizchak Schamir nicht. Er läßt sich durch Tatsachen seinen Wahlkampf nicht zusammenhauen.

Auch im Südlibanon zeigt Israel seinen starken Arm, bombardiert fast täglich Freischärler oder Terrorbasen. Schamir mimt den starken Mann, fraglich ist, ob er die Wähler damit überzeugen kann. Man kommt ihnen mit Sprüchen und Gags. Die Arbeiterpartei meint, „Israel wartet auf Rabin"; der Likud setzt weniger auf den müden Schamir (77), sondern sagt kurz: „Der Likud - das ist richtig."

Im Fernsehen diskutiert der Likud lieber, ob Rabin im Sechs-Tage-Krieg vor 25 Jahren, als er Generalstabschef und als solcher der Kriegsgewinner war, nicht doch ein Verlierer und Trinker gewesen sei. Die „Arbeit" zeigt Schamir beim Mittagsschläfchen während seiner Kabinettssitzungen. Die Jugend der Arbeiterpartei verteilte Kondome, auf denen zu lesen war; „Vorsicht vor dem Kleinen" - gemeint war Ministerpräsident Schamir, der nur 1,50 Meter groß ist.

Trotz einer gewissen Interesselosigkeit für Wahlveranstaltungen erwartet man eine hohe Wahlbeteiligung. Die meisten Wähler haben bereits ihre gefestigte Meinung. Die Unentschlossenen belaufen sich auf etwa 15 bis 20 Prozent; für sie spielt sich der Wahlkampf eigentlich ab.

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