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Statt Ende neue Blüte

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Als im Jahre 1975 die Wochenzeitung FURCHE aus dem Wirtschaftsverband des HE-ROLD-Verlages herausgelöst und in eine eigene Gesellschaft übergeführt wurde, schien dies für viele der Anfang vom Ende zu sein.

Im Frühjahr 1976, unmittelbar vor Ostern, drohte das endgültige Aus. Einigen beherzten Männern ist es zu danken, daß die FURCHE damals nicht zu Grabe getragen - wurde: dem Vorsitzenden der Finanzkommission der österreichischen Bischofskonferenz, Bischof

Franz Zak, dem Sekretär der österreichischen Bischofskonferenz, Prälat Alfred Kostelecky, dem damaligen Vorsitzenden der Superiorenkonferenz und seit 1976 amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden der FURCHE, Prälat Gebhard Koberger, dem Sty-ria-Generaldirektor und nunmehrigen Mitherausgeber der FURCHE, Hanns Sassmann, und dem Sprecher des Vereines Herold als Wahrer der Rechte am Titel der FURCHE, Wolfgang Schmitz. Sie glaubten an die FURCHE.

Die Österreichische Bischofskonferenz akzeptierte im Juli 1976

das vorgelegte Konzept, und so erstand mit Nummer 45/1976 die FURCHE neu: „Als ein neuer lebendiger Organismus, nicht als künstlich geschminkte Medienreliquie“ (Sassmann). Viel guten Willen haben wir in den letzten zehn Jahren gefunden, und doch muß sich die Idee der FURCHE immer wieder neu durchsetzen, sie selbst eine „FURCHE Semper reformanda“ sein.

Tatsächlich ist die FURCHE in vieler Beziehung selbst ein neuer Kristallisationspunkt geworden. In der Geschichte der katholischen Bewegungen sind Zeitungen in der Regel Ausdruck eines im Organisatorischen bereits vollzogenen Prozesses, aufbauend auf einer mehr oder weniger geformten Organisation.

Die FURCHE ist niemandes Sprachrohr, sie will und kann auch nicht Organ einer bestimmten Bewegung sein. Und dennoch muß sie um sich herum eine Kernleserschaft haben, die ihr ein kontinuierliches publizistisches Wirken über den Tag hinaus ermöglicht. So ist sie selbst zur Brücke geworden zwischen Institutionen

(katholischen Preßvereinsverla-gen), zwischen katholischen Organisationen sowie Plattform für Christen und geistig offene Menschen im Österreich heute.

Nahezu alle Verlage der katholischen Preßvereine oder verwandter Einrichtungen gehören heute der FURCHE-Gesellschaft an. Die tragenden Gruppierungen der katholischen Organisationen haben in der FURCHE ein gemeinsames Werk, das auch publizistisch ihre geistigen Zielsetzungen mitträgt. Unternehmungen sind der FURCHE als Gesellschafter beigetreten, die entweder in ihren Zielsetzungen selbst oder durch ihr Management sich den Grundsätzen der FURCHE verbunden fühlen. Schließlich haben einzelne Persönlichkeiten, die an einer gesunden wirtschaftlichen

Basis für diese publizistische Stimme Interesse haben, ihr „gutes Geld“ in diese FURCHE investiert.

Wie ein Bergbauer Jahr für Jahr dem Boden gerade so viel abzuringen vermag, daß er seine Familie mehr schlecht als recht erhält, dabei aber weiß, daß er auch eine Idee weitergibt und nicht nur seinen Lebensunterhalt verdient, so hat auch die FURCHE im Verlauf der letzten zehn Jahre neue Felder dem Markt abgerungen, gute und schlechte Jahre erlebt. Pläne sind gelungen und mißlungen.

Im großen und ganzen kann aber eine positive Zwischenbilanz gezogen werden: Die Abonnentenzahl wurde verdoppelt, die Leserschaft weitgehend erneuert und verjüngt, der Anzeigenertrag vervierfacht.

Gerade auf dem Anzeigenmarkt ist wohl die schwierigste Bewährungsprobe zu bestehen: Umso erfreulicher ist es, daß auch auf diesem Markt neben der Neigung, dem Neuen, Bunten, Schillernden zu verfallen, doch Interesse an einer seriösen Leserstruktur, an

Glaubwürdigkeit des Mediums, ja auch an einer Erhaltung der Landschaft in den „Grenzregionen des Geistes“ besteht.

Nie ganz bewältigt hat die FURCHE ihr Image-Problem. Nicht Organ der Kirche zu sein und doch mit ihr und ihren Zielen verbunden zu sein, heißt, das Image-Schicksal der Kirche mitzutragen, hochgeehrt, geschätzt zu sein und dennoch nicht genügend Kompetenz für das tägliche Leben zugesprochen zu erhalten. Wer einem bestimmten Anspruch genügen will, kann nicht alle j our-nalistischen Modetorheiten nachvollziehen, weil die Entfaltung des Geistes auch eine gewisse äußere Ernsthaftigkeit verlangt.

Andererseits leben die Leser der FURCHE in dieser Gesellschaft, auf einem dynamischen Markt, der immer wieder neue, bunte, serviceorientierte, leicht lesbare Produkte hervorbringt und damit ein hohes Maß an Aufmerksamkeit bindet.

Die FURCHE hat in ihrer Weise zu reagieren versucht: durch ein größeres Angebot an Umfang, durch eine Verstärkung der Redaktion, durch mehr ständige Mitarbeiter und Kolumnisten. So wollen wir es auch in Zukunft halten. Die mit dieser Nummer beginnende neue Phase der FURCHE soll dieses Versprechen unterstreichen.

Der Autor ist Verlagsleiter.

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