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Steine des Anstoßes

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Ob sich die Krankenkassen dazu aufraffen, die rund 43.000 Schilling für eine neue medizinische Behandlung des Nierensteinleidens zu bezahlen, wurde vorige Woche heftig diskutiert. Tatsache ist, daß das Verfahren der „extra-corporalen Stoßwellenlithotripsie” (ESWL), das nun im Wiener Nierensteinzentrum der Wiener Holding Ges. m. b. H. im Krankenhaus Lainz unter ärztlicher Leitung des Urologie-Professors Georg Gasser angewendet wird, nach den bisherigen Erfahrungen beträchtliche Vorteile bringt.

Bisher gab es grundsätzlich drei Methoden, Nierensteine zu behandeln:

• Auflösung der Steine durch Medikamente (nur in 15 Prozent der Fälle wirksam), der Sand geht auf natürlichem Weg ab,

• Operation,

• Punktieren der Niere sowie Zerkleinern und Entfernen der Steine mit Ultraschall oder auf mechanischem Weg.

Zu diesen „invasiven” (in den Körper eindringenden) Methoden kommt nun das ESWL-Verfahren, das bei rund 75 Prozent der früheren Operationsfälle anwendbar ist und von außen, also ohne überhaupt die Haut des Patienten zu berühren, angewendet wird.

„Die Methode der Stoßwelle kommt aus der Luftfahrt und wurde von Ingenieuren der Firma Dornier und Urologen in München gemeinsam entwickelt”, berichtet Georg Gasser. Inzwischen sind in 15 Zentren in Deutschland bereits rund 10.000 Patienten so behandelt worden, wobei von 4000 genaue Protokolle existieren. In Österreich haben nun nach Linz auch Wien und Salzburg ein Stoßwellen-Gerät.

„Der Patient kommt in eine mit Wasser gefüllte Wanne, darunter wird die Stoßwelle erzeugt”, erklärt Primarius Gasser. „Das Wasser ist notwendig, weil es die gleichen physikalischen Eigenschaften wie der Körper hat. Mit Hüfe von zwei Röntgenapparaten kann der Nierenstein genau lokalisiert und die Stoßwelle in zwei Ebenen genau auf diesen Stein gerichtet werden.”

Die Stoßwelle bewirkt die Zerkleinerung des Steines in kleinste Partikel, die auf natürlichem Weg abgehen. Eventuell auftretende Koliken können medikamentös behandelt werden. Zumindest eine lokale Anästhesie ist nötig, um dem Patienten während der rund 45 Minuten dauernden Prozedur

(abhängig von der Größe des Steins) Schmerzen zu ersparen.

In den Industrieländern werden, meist aufgrund von Veranlagung und schlechter Ernährung (zuviel Fleisch und Alkohol, zu wenig Vitamine) zwei bis vier Prozent der Menschen, oft schon in jungen Jahren, von Harnsteinleiden befallen. Ihnen kann mit dem Verfahren angenehmer und besser geholfen werden.

Da dadurch auch Folgekosten (lange Krankenstände nach Operationen, weitere Operationen) und Sekundärschädigungen der Niere (die bis zur künstlichen Niere oder zur Nierentransplantation führen können) vermindert werden, scheint eine Übernahme der Kosten durch die Krankenkasse früher oder später doch sinnvoll zu sein.

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