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Steuerreform: Der „große Wurf”?

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Die vergangene Woche von Ferdinand Lacina und Johannes Ditz vorgelegte Steuerreform stößt auf ungewohntes Lob der führenden Wirtschaftsjournalisten und aller Interessenvertretungen. Selbst die Oppositionsparteien begnügen sich mit Alibi-Kritik. Ist die für Anfang 1994 vorgesehene zweite Etappe der Steuerreform wirklich so toll?

Im Vergleich zu dem blamablen Schauspiel, das die große Koalition bei der ebenso dringenden Reform des Wohnrechts liefert, ist der Entwurf für die Steuerreform tatsächlich eine großartige Leistung. Für den Unternehmensbereich gilt das sogar ohne jegliche Relativierung: Die Abschaffung von Gewerbe- und Vermögenssteuer und eine Endbesteuerung von 22 Prozent für Kapitalerträge aller Art, ist das richtige Signal zum richtigen Zeitpunkt. Detto die Entbürokra-tisierung im Abgabenbereich.

Wenngleich beides zusammen wahrscheinlich die Erhöhung anderer Unternehmenssteuern und den Wegfall von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten verkraftbar macht, ist zumindest die Verteuerung des Faktors Arbeit durch die Erhöhung der Lohnsummensteuer um 50 (!) Prozent das falsche Signal. Die geplante laufende (geringfügige) Besteuerung von Krediten ist zwar der derzeit geltenden einmaligen Kreditgebühr (0,8 Prozent) vorzuziehen, weil sie dem Kreditnehmer mehr Flexibilität gibt, aber ordnungspolitisch in Zeiten sinkender Investitionen und Konsumausgaben nicht begründbar und rein fiskalisch motiviert. Was wohl auch für die 67(!)prozentige Anhebung der Steuer auf Lebensversicherungen gilt; oder hat der Staat plötzlich etwas gegen Eigenvorsorge?

Bei der Lohn- und Einkommensteuer blieben wohl Urlaubsund Weihnachtsgeld und Überstundenzuschläge aufgrund des Widerstandes der Arbeitnehmervertretungen unangetastet, von den niedrigsten Einkommensklassen abgesehen (Steuerfreiheit bis 11.500 Schilling brutto, darunter sogar Refundierung eines Teiles der Sozialabgaben) wird es aber diesmal keine der Reform von 1988 vergleichbare Steuerentlastung geben. Da eine Tarifsenkung aus fiskalischen Gründen offenbar nicht machbar war, bleibt die Steuerprogression ungebrochen. Sprich: Es wachsen nach wie vor Arbeitnehmer mit jeder Inflationsabgeltung - also noch ohne jegliche Reallohnerhöhung! - in Steuerklassen, die nicht für sie vorgesehen sind.

Nicht nur deshalb wird bei den besser Verdienenden die Euphorie bald verraucht sein: man kann davon ausgehen, daß bei Einkommen über der Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherung (derzeit 33.600 Schilling) schon mit der nächsten Erhöhung der Sozialabgaben der Gewinn aus der Steuerreform kompensiert wird.

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