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Digital In Arbeit

Straff und demokratisch

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Wie sollen Unternehmen geführt werden? Im folgenden wird eine differenzierte Sicht entwickelt:

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Wie sollen Unternehmen geführt werden? Im folgenden wird eine differenzierte Sicht entwickelt:

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Es liegt auf der Hand, daß die Arbeitnehmer das Schicksal des entscheidenden Mittelpunktes ihrer Lebensinteressen, des Unternehmens, das ihnen Arbeit und damit den Lebensunterhalt bietet, mitbestimmen wollen. Die Frage ist, in welchen Belangen der Unternehmensführung die Entscheidungskompetenz der Eigentümer und des Managements zum Wohl aller Beteiligten, insbesondere der Fortentwicklung und des Unternehmenserfolges, sinnvollerweise mit den Arbeitnehmern geteilt werden kann?

Zum Zwecke einer möglichen Antwort sollte vor Augen stehen, daß Unternehmungen in einem marktwirtschaftlichen System permanent nicht nur aus Gründen der Kapitalrentabilität unter hohem Leistungszwang stehen, sondern auch aus Gründen des raschen Agierens und Reagierens im Rahmen wahrnehmbarer Signale vom Markt (von der Nachfrage, von der Konkurrenz usw.).

Ein promptes Entscheidenkönnen setzt den Demokratisierurigs-

möglichkeiten gewisse Grenzen: die Entscheidungsträger müssen klar erkennbar und verantwortlich sein; sie müssen in der Zahl stark beschränkt bleiben, um nicht den Effekt der Anonymisierung von (Fehl-)Entscheidungen zu erlauben.

Es werden die meisten unternehmerischen Tagesentscheidungen mit Außenwirkung für das Unternehmen der Mitbestimmung entzogen bleiben müssen. Anders verhält es sich wohl bei dienst- und besoldungsrechtlichen Maßnahmen sowie solchen der betrieblichen Sozialpolitik.

Insbesondere aber werden auch schicksalentscheidende Maßnahmen für das Unternehmen mit gutem Grund gemeinsam mit dem Faktor Arbeft, also der organisierten Belegschaft, zu treffen sein. Meines Erachtens ist das geltende Arbeitsverfassungsgesetz . der Beweis für einen durchdachten Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessenlagen und den betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten gesunder Unternehmungen.

Jeder weitere Schritt in Rich-

tung auf eine stärkere Mitsprache der Arbeitnehmer im Unternehmen wird daher unter dem Gesichtswinkel einer gesunden Balance zwischen den in einer wirtschaftenden Einheit wirkenden Faktoren und damit den objektiven Voraussetzungen für eine erfolgreiche Unternehmensführung einerseits sowie auf gesamtwirtschaftliche Notwendigkeiten anderseits mit Vorsicht zu vollziehen sein.

Hier klingt auch die Frage des Führungsstils zwingend an: Gegen eine „utopische" Demokratisierung war schon im vorigen Gelegenheit Stellung zu nehmen. Damit soll aber keineswegs einem autoritären (patriarchalischen) Führungsstil das Wort geredet werden; und zwar nicht etwa, weil das gegenwärtig inopportun ist (davon darf sich der Wahrheitssuchende nie leiten lassen), als einfach, weil die Nachteile empirisch zu belegen sind und überdies die Uberlebensphilosophie eines rationalen Humanismus andere gangbare Wege suchen läßt.

Will man einerseits die prompte Entscheidungsfähigkeit eines Unternehmens nicht gefährden und andererseits das geistige Potential in einem Unternehmen in Verbindung mit einer zusätzlichen Motivierung der Mitarbeiter zum Wohle aller Beteiligten nutzen, so wird wohl die Entscheidungskompetenz und Verantwortlich-

keit des Managements klar auszusprechen, jedoch im Vorfeld der zu treffenden Entscheidungen eine breite Mitsprachebasis zu eröffnen sein.

Das heißt, vor getroffener Entscheidung sollen möglichst alle diejenigen, die zu einem anstehenden Problem fundierte Meinungen äußern können, zu einer Diskussion außerhalb der üblichen hierarchischen Gegebenheiten aufgefordert werden.

Ist jedoch einmal die Entscheidung seitens der Geschäftsführung gefallen, dann sollte diese eine unbedingte und prompte Vollziehung ihrer Weisungen (mit militärischer Präzision) erwarten können.

Jedem an dem Entscheidungsund Ausführungsvorgang Beteiligten müßte bewußt sein, daß eine getroffene Entscheidung und deren ableitbare Auswirkungen (Verwirklichung) für das Management vielfach die Prämisse für weitere Entscheidungen darstellt, an der (aus welchen Gründen im-

mer) nicht der gleiche Personenkreis teilnimmt.

Wird aber eine Weisung nicht befolgt, obwohl deren Vollziehung von der Geschäftsleitung erwartet werden konnte, dann wird die nächste, darauf gegründete Entscheidung und im Gefolge womöglich eine Reihe weiterer von falschen Annahmen getragen und sohin zwingend falsch sein müssen. Daß dies dem Wohl eines Unternehmens abträglich sein muß, versteht sich von selbst.

Schließlich und nicht zuletzt werden vielfach Mitentscheidungswünsche geäußert, die in Wahrheit Wünsche nach besserer Information über das Unternehmensgeschehen darstellen. Eine sehr wesentliche Managementaufgabe stellt zweifellos die Vorsorge für eine zureichende Information der verschiedenen Ebenen eines Unternehmens dar.

Daß es sich bei diesen Überlegungen nicht um theoretische Spielereien handelt, möge daran abgelesen werden, daß ich selbst diese Maximen unternehmerischen Handelns anläßlich der Umwandlung der österreichischen Postsparkasse von einem Amt in ein Unternehmen (1971 bis einschließlich 1974) mit sichtbarem Erfolg praktiziert habe.

Dies ist ein Auszug des Vortrags, den der Generaldirektor der Verbundgesellschaft, Dr. Walter Fremuth, auf der Österreichtagung 1981 des Wirtschaftsforums der Führungskräfte gehalten hat.

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