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Strahlkraft über Jahrhunderte

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Das Konzept der Benediktiner, die aus Lambach kommend am 21. März 1089 das Kloster in Melk aus den Händen der Babenberger übernommen haben, ist aufgegangen. Mit ihrer Jubiläumsausstellung „900 Jahre Benediktiner in Melk“ beweisen sie, daß sie wie eh und je ein Kloster mit Ausstrahlung sind und es verstehen, die Touristen aus aller Welt anzuziehen. Nicht von ungefähr gilt das Stift Melk nach dem Schloß Schönbrunn als österreichische Fremdenverkehrsattraktion Nummer Zwei. Man braucht kein Prophet zu sein, um voraus-

Zusagen: Die von den Patres unter Zuziehung wissenschaftlicher Fachkräfte unter ihrem 66. Abt Burkhard Ellegast als Themen- und nicht als Kunstausstellung angelegte Schau, zu der es auch einen reich bebilderten Katalog gibt, wird sich als sensationeller Erfolg zu Buche schlagen.

Zu sehen ist außer der grandiosen barocken Anlage Jakob Prandtauers mit restauriertem Prälatenhof, Stiftskirche, Marmorsaal und Bibliothek auf 2.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche in 35 Sälen eine Fülle künstlerischer Kostbarkeiten (rund 1.000 an der Zahl) sowie inszenierte Interpretationen historischer Vorgänge.

Dazu gehört vor allem die Präsentation des Weges des heiligen Benedikt (480? bis 547?) von seinem Geburtsort Nursia über das steinige Pflaster von Rom zur Einsiedler-Felsenhöhle von Sub- iaco, wo er aufgefordert wurde, Vorstand einer Mönchsgemeinschaft zu werden. Von da an stieg er (wie der Besucher über eine Rampe) immer höher hinauf bis nach Monte Cassino zum Höhepunkt seines Lebens: der Festlegung des mönchischen Lebens in der „Benediktinischen Regel“, von der einige Zitate auf schräg von der Decke herabhängenden Stoffbahnen zu lesen sind. Schließlich weitet sich der Weg und mündet in einen Klostergang. Auf Platten sind nun die Namen und Gründungsdaten der wichtigsten Benediktinerklöster Europas eingelassen.

Zur Selbstdarstellung der Mel ker Benediktiner, der Geschichte der Gemeinschaft und des Klosters, gehört natürlich auch die Zur-Schau-Stellung des Ortes als Keimzelle des heutigen Österreichs und Begräbnisplatz der Babenberger Markgrafen sowie als Stätte der traditionellen Verehrung des von Herzog Rudolf IV. gestifteten ,.Melker Kreuzes“ mit Kreuzpartikeln und der Reliquien des heiligen Koloman.

Ist doch der irische Königssohn mit Ausnahme seines in Stuhlweißenburg beigesetzten Kopfes in Melk bestattet worden. Während allerdings das Grab des 1012 bei Stockerau getöteten Pilgers beim Bau der barocken Stiftskirche zerstört worden ist, zählt die edelsteingeschmückte Kolomani- Monstranz mit dem Unterkieferknochen und dem Backenzahl Ko-

lomans nach wie vor zu den wertvollsten Schätzen des Stiftes und der Ausstellung.

Einen hervorragenden Platz nimmt auch die Präsentation der von den Mönchen gesammelten Handschriften, Bücher und Kunstwerke ein.

Am Ende des Kaiserganges, unmittelbar vor dem künstlerischräumlichen Höhepunkt des Ausstellungsrundganges (Marmorsaal und Bibliothek mit den großartigen Fresken Paul Trogers und der Stiftskirche samt den von Johann Michael Rottmayr nach Entwürfen von Antonio Beduzzi geschaffenen Kuppelfresken) wird die zentrale Bauphase des Stiftes unter Abt Berthold Diet- mayr (1670 bis 1739) vorgestellt.

Zum ersten Mal in Österreich zu sehen sind die erst vor wenigen

Jahren im Fundus der Sammlung Grimm der Mährischen Galerie in Brünn aufgefundenen Entwurfstudien Beduzzis.

Zum Abschluß macht die Ausstellung anhand von Fotos, Tabellen und Schaustücken das Problem der Erhaltung und Restaurierung des Stiftes deutlich — eines Hauses, dessen Mönche immer mehr neben seelsorglichen Pflichten und Aufgaben in Erziehung und Unterricht den Tourismus pflegen, und damit auf die moderne Gesellschaft Einfluß nehmen, wie auch mit Hilfe der Eintrittsgebühren zur Instandhaltung beitragen — allein die Südfront ist 300 Meter lang. (Geöffnet vom 18. März bis 11. November, April, Oktober, November: 9-17 Uhr, Mai bis September: 9-18 Uhr).

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