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Straße bleibt Lebensnerv

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In den letzten Wochen traten die Verhandlungen über den Ausbau des schienengebundenen Nahverkehrs in Oberösterreich in ihr entscheidendes Stadium. Die Unterzeichnung der Verträge zwischen dem Land und den österreichischen Bundesbahnen über den Ausbau des Linzer Hauptbahnhofes zu einer „Nahverkehrsdrehscheibe” bzw. über den schnellbahnmäßigen Ausbau der ÖBB- Strecke Linz-Traun konnte nach Klärung einiger grundsätzlicher Fragen insbesondere finanzieller Art daher dieser Tage vollzogen werden.

Bereits im nächsten Jahr kann mit diesen Ausbaumaßnahmen, welche die erste Etappe einer Gesamtnahverkehrslösung für den oberösterreichischen Zentralraum bilden, begonnen werden. Ziel dieser geplanten Ausbaumaßnahmen ist, durch attraktivere und leistungsfähigere Nahverkehrsmittel das Umsteigen vom gewohnten Pkw auf Bahn, Bus und Straßenbahn zu erleichtern.

Nach einer 1978 durchgeführten Erhebung des Statistischen Dienstes des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung benützen von den 964.000 Oberösterreichem, die über 15 Jahre alt sind, 70 Prozent das private Kraftfahrzeug als Hauptverkehrsmittel für ihre verschiedenen Wege (zum Arbeitsort, beim Einkäufen, für Behördenwege usw.), 21 Prozent sind mit einem öffentlichen Verkehrsmittel unterwegs, 9 Prozent benützen sowohl das eigene Kraftfahrzeug als auch ein öffentliches Verkehrsmittel.

Der Individualverkehr hat demnach einen sehr hohen Anteil, während der Prozentsatz jener, die ein öffentliches Nahverkehrsmittel benützen, relativ gering ist.

Die Mittel für den Nahverkehrsausbau, der auf einem im Auftrag dės Landes aüsgearbeiteten Konzept beruht, kommen größtenteils aus der sogenannten „Nahverkehrsmilliarde”. Das Land Oberösterreich hat sich jedoch bereit erklärt, 20 Prozent der Kosten des Gesamtprojektes zu übernehmen. Das macht bei voraussichtlichen Gesamtkosten von rund 4,5 Milliarden Schilling den ansehnlichen Betrag von 900 Millionen Schilling aus, die aus dem Landesbudget in den nächsten Jahren dafür bereitgestellt werden müssen - für eine Aufgabe, die eigentlich allein- dem Bund zukäme.

Diese Gesamtnahverkehrslösung sieht neben dem schon erwähnten Umbau des Linzer Hauptbahnhofes und dem Ausbau der Strecke Linz-Traun auch den nahverkehrsgerechten Ausbau der Pyhmbahn- strecke von Linz-Hauptbahnhof bis Neuhofen an der Krems einschließlich späterer Ausbauetappen bis Kremsmünster und Kirchdorf an der Krems, desgleichen eine zweigeleisige Schnellbahnlinie zur Aufschließung des Harter Plateaus sowie den nahverkehrsgerechten Ausbau der ÖBB-Strecke Linz-Summerau einschließlich späterer Ausbauetappen bis Lungitz, Gaisbach-Wartberg und Pregarten vor.

Dementsprechend sollen auch die an diesen Strecken gelegenen Bahnhöfe und Haltestellen modernisiert, ferner soll die Verkehrsbedienung im öffentlichen Personenverkehr verbessert werden.

Zweifellos wird eine wesentliche Voraussetzung für eine Erhöhung der Attraktivität der öffentlichen Nahverkehrseinrichtungen für die rund 220.000 Pendler in Oberösterreich und andere Verkehrsteilnehmer die Schaffung eines Verkehrsund Tarifverbundes mit einheitlichen Tarifen und für unterschiedli che Verkehrsträger gültigen Fahrscheinen sein.

Dafür notwendige Voraussetzung ist wiederum die Integrierung und Koordinierung der jeweiligen Verkehrslinien sowie eine optimale Abstimmung aller Fahrpläne der ÖBB (Taktfahrplan), der Bahn- und Postbusse, von städtischer Straßenbahn, Lokalbahnen (Eferdinger Bahn) und privaten Buslinien.

Auch müssen diese Verkehrsünien an geeigneten Umsteigepunkten zusammengeführt werden. Ein ausländisches Beispiel hiefür, wo mit einem derartigen Verkehrs- und Tarifverbund bereits sehr positive Erfahrungen gemacht wurden, ist die Stadt München, wo Bewohner der Vororte bis zu 40 Kilometer mit einem einzigen Fahrschein mehrere Verkehrsmittel (U-Bahn, S-Bahn, Straßenbahn und Bus) benützen können. Damit konnte man erreichen, daß die Zahl der Benützer öffentlicher Verkehrsmittel trotz steigenden Pkw- Zulassungen erheblich zugenommen hat.

Eines muß hier allerdings mit allem Nachdruck betont werden: Nahverkehrsprobleme gibt es nicht nur im Industrieraum Linz, sondern auch in anderen regionalen Zentren, um hier beispielsweise nur Vöcklabruck (im Hausruckviertel) oder Ried (im Inn- viertel) anzuführen. Und zweitens ist der Nahverkehr keineswegs in erster Linie ein Problem der öffentlichen

Verkehrsmittel. Der Nahverkehr ist und bleibt vorrangig ein Problem des Straßenverkehrs, und hier vor allem des Individualverkehrs.

Verbesserungen im Bahnverkehr, Schnellbahnausbau usw. können nur subsidiär wirken. Diese Feststellung läßt sich auch an Hand der Ergebnisse der schon genannten Verkehrserhebung leicht erhärten:

• Nur ein verhältnismäßig geringer Teil der Bevölkerung Oberösterreichs wohnt im Nahbereich von Eisenbahnen bzw. kann von solchen bedient werden.

• Selbst aus dem Nahbereich von Bahnstationen (mit zehnminütiger Wegzeit) fahren im eisenbahnmäßig relativ gut bedienten Zentralraum nur 18 Prozent aller werktäglichen Verkehrsteilnehmer mit der Bahn, aber 67 Prozent mit privaten Kraftfahrzeugen.

• Als symptomatisch für die Einstellung der Bevölkerung zur Wahl des Verkehrsmittels kann man dieiTatsa- che bezeichnen, daß nur 3 Prozent jener Personen, die über ein eigenes Kraftfahrzeug verfügen, ein öffentliches Verkehrsmittel vorziehen.

Schon jetzt kommt auf jeden zweiten Oberösterreicher ein Kraftfahrzeug und es ist in den kommenden Jahren eine weitere Zunahme zu erwarten. Nicht zuletztsist mit einer erhöhten beruflichen Mobilität zu rechnen.

Das bedeutet, daß der Individual verkehr auch bei stärkerer Förderung und erwarteter Zunahme des öffentlichen Verkehrs nicht abnehmen wird. Nach wie vor wird daher dem Verkehrssystem „Straße - individuelles Verkehrsmittel” die größte Bedeutung zukommen, weil es das einzige Verkehrsmittel ist, das eine leistungsgerechte, flächenhafte Erschließung des Raumes ermöglicht und mehr an Bedienungshäufigkeit und Fahrkomfort bietet.

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