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Straub poltert wieder

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Ehe die CDU die unerwartet hoch ausgefallenen Siege über die SPD in Hamburg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein noch recht verarbeitet hat, sorgt ihre bayerische Schwesterpartei, die CSU, für Spannungen im Unionsblock. Franz Josef Strauß, dessen CSU im November bei den Landtagswahlen ihre Feuerprobe bestehen muß, startete einige vehemente Aktionen.

• Strauß protestierte gegen eine Personalentscheidung der bayerischen Staatsregierung und verlangte deren Rücknahme, was zu Rücktrittsdrohungen dieser CSU-Regierung führte (siehe FURCHE Nr. 14/1974);

• Strauß attackierte in einem Illustrierten-Interview den linken Flügel der CDU bis hin zur Drohung mit dem Parteiausschluß;

• Strauß brachte schließlich wieder den alten Plan einer bundesweiten CSU ins Spiel.

Alle drei Aktionen zusammen waren geeignet, das noch von Wahlerfolgen strahlende Gesicht der Unionsparteien zu verdüstern. Die attackierten Sozialausschüsse der CDU brachten die Äußerungen des CSU-Chefs auf die Formel: „Herr Strauß hat einen Beitrag geleistet, von den Schwierigkeiten der Regierungspartei abzulenken — und dies in einer Zeit, in der die CDU beachtliche Erfolge zu verzeichnen hat.“

Zwar sind die von Strauß ausgej-lösten Querelen inzwischen beigelegt, doch zeigten die Ereignisse, in welcher kritischen Situation sich die Unionsparteden trotz aller Wahlerfolge noch befinden. Sie machten vor allem das belastende Spannungsverhältnis zwischen CDU und CSU deutlich. Mit seiner Aktion gegen die bayerische Staatsregierung zeigte Strauß wiederum, daß er gerne freiwillig den Buhmann hergibt, als der er von den politischen Gegnern seit jeher , hingestellt wurde. Strauß, der bei den Worten „imperatives Mandat“' sedner Stimme eine solche Färbung zu geben vermag, daß man die roten Drahtzieher geradezu mit Teufelephysio-gnomien vor sich sieht, befleißigte sich selbst der Ausübung des imperativen Mandats.Von Ministerpräsident Goppel verlangte er die Rücknahme der Ernennung von Michael Petzet zum Generalkonservator im Landesamt für Denkmalpflege. Noch bei dem hitzigen Schlichtaingsgespräch zwischen Staatsregierung und CSU-Chef gab Strauß an, er habe sich „ausgetrickst“ gefühlt.

Freilich zeigten an diesem Fall Goppel und Kultusminister Professor Maier Stehvermögen. Daß Strauß bis zur Landtagswahl in Bayern seiner Partei noch einiges aufzulösen geben wird, geht aus Bemerkungen über das Gespräch Regierung-Strauß hervor. Maier meinte, es sei zeitweise „geradezu menschenunwürdig“ zugegangen.

Fast scheint es, als hätte Strauß übersehen, daß es vor allem der Eindruck der inneren Zerstrittenheit ist, der zur Zeit der SPD so schadet. Wenn er ein halbes Jahr vor den Landtagswahlen in Bayern seine Partei härtesten Belastungsproben aussetzt, muß er sich des CSU-Wahlsiegs bereits sehr sicher sein.

In München konnte Strauß wenigstens seine Stärke ausspielen. Bei den Auseinandersetzungen mit der CDU blieb ihm hingegen fast nur der Rückzug. Für den Hauptgeschäftsführer der CDU-Sozialausschüsse Norbert Blüml (nach Strauß ein „Rosenkranz-Kommunist“) und die anderen Attackierten mußte er eine Ehrenerklärung abgeben.

In dem Vorschlag von Strauß, eine bundesweite CSU zu gründen, manifestiert sich das Gefühl, daß der momentane Frühling des Konservativismus der CSU gegenüber der CDU besonders zugute kommen müßte. Der Plan zeigt aber zugleich, daß Strauß sein Gewicht gegenüber der CDU vergrößern will, weil er ahnen dürfte, daß die CDU in nächster Zeit auf Grund ihrer Wahlerfolge selbstbewußter werden wird.

Zu Zeiten, da nur bei der CSU der Abwärtstrend für die Unionsparteien nicht zu beobachten war, konnte Strauß massiv auf sein „Nichts ohne die CSU“ pochen. Bei Gewinnen der Union in den zuletzt zu SPD und FDP abwandernden nördlichen Bundesländern würde die Sonderrolle der CSU nicht mehr so leicht durchzuhalten sein.

Von vielen maßgeblichen CDU-Politikern wurde daher auch Straußens Vorschlag kühl aufgenommen, obwohl er vordergründig einer Überwindung der SPD/FDP-Herrschaft dienen soll. Eine bundesweite CSU kann nämlich im wesentlichen nur mit bisherigen CDU-Stimmen rechnen, weil weiter rechts oder bei abgefallenen FDP-Rechten nicht viel zu holen ist. An einer Stärkung der CSU auf Kosten der CDU ist aber bei der CDU niemand interessiert.

Noch konnten die Unionsparteien alle ihre Streitigkeiten beilegen und damit weitgebend verhindern, daß sie einen ähnlich desolaten Eindruck zu vermiiititeln beginnen wie derzeit die SPD. Sie werden auch weiter diese Geschlossenheit ausstrahlen müssen, wollen sie ihre Taktik erfolgreich verfolgen, die SPD als zerstritten und regierungsunfähig, sich selbst aber als Hort der Ruhe und Sicherheit aufzubauen.

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