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Streit um den Felsendom in Jerusalem

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„Alles kommt von Allah", sagt der gläubige Beamte des jordanischen Religionsministeriums (WAKF) auf dem Tempelberg in Jerusalem. Damit meinte er den diesjährigen Schnee, der die Kuppel der Heiligen Al-Aksa-Moschee und die vergoldete Kuppel des Felsendomes bedeckte. Hier schneit es nur selten, aber in diesem Jahr lag der Schnee besonders hoch. Eines wußte der arabische Beamte aber nicht: ob der heilige Streit über die Reparatur der beiden Moscheen auch von Allah ist oder ob man darin ein Werk des Teufels sehen muß.

Jedenfalls sind die beiden Moscheen stark beschädigt, die im 7. Jahrhundert - nach der Eroberung Jerusalems von den Moslems - errichtet wurden; das betrifft insbesondere den Felsendom. Die vergoldete Aluminiumkuppel ist wasserdurchlässig und das Wasser fließt sogar auf die bunten Marmorwände, die Holzschnitzereien und die teuren Teppiche.

Die ursprüngliche Kuppel war ein Bleidach, doch auf Anraten italienischer Ingenieure wurde dieses Dach vor zirka 30 Jahren durch vergoldete Aluminiumplatten ersetzt, die den Dom bei starkem Sonnenlicht weithin sichtbar macht. Durch einen Witterungswechsel entstanden in den Aluminiumplatten Löcher.

Vor einem Jahr fand eine Ausschreibung zur Reparatur des Felsendomes statt. Insgesamt beteiligten sich 15 internationale Firmen daran, fünf kamen in die engere Wahl: dann stellte sich die Frage, wer das bezahlen soll.

Plötzlich zeigte sich der Gegensatz zwischen dem verarmten Haschemi-ten-Königreich Husseins, der sich als direkter Abkömmling Mohammeds betrachtet, und dem Könighaus Saudiarabiens, einer Dynastie, die erst zu Jahrhundertbeginn eine königliche wurde. Die Reparaturkosten werden auf zehn bis 20 Millionen Dollar geschätzt. König Hussein besteht darauf, diese Reparaturen selbst in Auftrag zu geben. Das jordanische Finanzministerium konnte aber nur vier Millionen mit Müh und Not abzweigen. Die fehlende Summe will König Hussein durch den Verkauf seiner Prunkvilla in London aufbringen. Für König Fahd von Saudiarabien bestehen keinerlei finanzielle Schwierigkeiten. Doch es sitzen Husseins Beamte auf dem Jerusalemer Tempelberg. Gemeinsam mit der Reparatur möchte Fahd auch diese Beamten übernehmen, die jedoch treu zu ihrem jordanischen König stehen.

Als es zu keiner Einigung kam, wandten sich beide an die UNESCO, die entscheiden sollte. Hussein verpflichtete sich dabei sofort, Unkosten von 8,249 Millionen Dollar zu begleichen. Die Beamten des WAKF, des jordanischen Religionsministeriums, kritisierten beide Seiten, vor allem ihren König Hussein. Durch die Abwertung des jordanischen Dinar, betonten sie, seien ihre Gehälter viel weniger wert, sie könnten kaum noch ihre Familien ernähren. Sie erwägen, den Reparatur-Auftrag nicht-islamischen Firmen zu erteilen.

Die israelischen Behörden haben sich bisher noch nicht eingemischt. Sie vertreten die Auffassung, daß die Palästinenser ihre Heiligen Stätten selbst verwalten müssen. Im Prinzip neigt Israel mehr Jordanien zu. Denn mit diesen und den Palästinensern, nicht mit Saudiarabien, müssen sie die Friedensverhandlungen fortsetzen.

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