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Streit um den Friedensplan

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Drei „Kleinstaaten” sollen auf dem Gebiet Bosnien-Herzegowinas entstehen. Der neue EG/ UNO-Plan sieht 52 Prozent für die Serben, 31 für die Moslems und 17 für die Kroaten vor. Bis kommenden Montag sollen die Kriegsparteien darüber nachdenken.

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Drei „Kleinstaaten” sollen auf dem Gebiet Bosnien-Herzegowinas entstehen. Der neue EG/ UNO-Plan sieht 52 Prozent für die Serben, 31 für die Moslems und 17 für die Kroaten vor. Bis kommenden Montag sollen die Kriegsparteien darüber nachdenken.

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„Eine politische und konstitutionelle Lösung für Bosnien-Herzegowina wird keinen Unterschied für die zukünftige Wirtschaft des Landes machen”, prophezeit der Vorsitzende der Christlichen Volkspartei Kroatiens, Zdravko Mrsic, „egal, ob es nun drei Republiken, zehn Provinzen oder irgendeine andere Art von territorialer Teilung wird.” Für den Ökonomen und ehemaligen ersten kroatischen Außenminister nach den demokratischen Wahlen hängt die wirtschaftliche Zukunft von etwas anderem ab, nämlich von den enormen demografischen Veränderungen:

Nachdem mehr als eine Million Menschen vertrieben worden sind, sei es schwierig, die genaue Zahl der Bevölkerung und ihre Verteilung zu bestimmen. Die realistischen wirtschaftlichen Chancen für Bosnien-Herzegowina seien schwer vorherzusagen, meint der Ex-Außenminister gegenüber der FURCHE. „Wahrscheinlich werden sich eine neue serbische und kroatische Republik an das jeweilige Mutterland anlehnen”, vermutet er, „der moslemische Teil wird von der Unterstützung durch islamische Staaten abhängig werden.” Die Moslems vertrauen und zählen auf humanitäre Hilfe, erklärt der Wirtschaftsexperte weiter, „noch mehr aber vertrauen sie auf zukünftiges Kapital aus den islamischen Staaten”. Ihre Position sei dann mit jener der Palästinenser zu vergleichen. Auch diese wurden jahrelang finanziert, ohne offen politisch unterstützt zu werden.

Der ursprüngliche Van-ce-Owen-Plan sah 9.000 Quadratkilometer für zwei Millionen Moslems vor. Aber selbst, wenn weitere 5.000 Quadratkilometer, die seit April den Kroaten abgenommen wurden (FURCHE 31/93), in Betracht gezogen werden, haben die Moslems dort wenig Bodenschätze. Das bißchen Eisen, Kohle und Soda verursache nur ökologische Probleme, wäre aber quantitativ ohne Bedeutung. Die

Schaffung einer „strategischen Nationalökonomie” könne nur ein Traum sein, da diese Produkte auf dem Weltmarkt um einiges billiger zu haben sind. „Wenn also der bosnische Serbenführer Karadzidbehauptet, 50Pro-zent des Reichtums des Landes den Moslems zu geben, so ist das von sehr zweifelhaftem Wert”, kritisiert MrSifi Die kroatischen Provinzen bekämen Zugang zur Adria, einige Bauxit-Vorkommen, Handwerk und Metallindustrie und zwei Kraftwerke. Moslems hätten Papier, Holz, Maschinen und Schwerindustrie, Kohle, Salz, Zink und Bleivorkommen, das Chemie- und Energiezentrum rund um die Stadt Tuzla und zwei Wasser-sowie zwei thermische Kraftwerke. Die Serben würden Eisenvorkommen, den Binnenhafen bei Bröko, ein Wasser- und ein Wärmekraftwerk, Maschinen- und Papierindustrie und die gesamte Autobahn von Banja Luka bis Bosanska GradisTca kontrollieren. Für ganz Bosnien-Herzegowina müssen Ol und Gas importiert werden.

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