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Suche nach dem Heiligen Geist

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Mi. großen Erwartungen bin ich vor mehreren Wochen zu einem Seminar der Charismatischen Gemeindeerneuerung gefahren. Ich hatte schon viel über diese neue Bewegung gehört und meine Erwartungen waren auch deswegen groß, weil ich dem Wirken des Heiligen Geistes auch heute noch so manches zutraue.

Das erste Anliegen des Seminars war die glaubhafte Vermittlung der zentralen Frohbotschaft Christi, daß ich von Gott mit allen meinen Schwächen, seelischen Verletzungen und Narben sowie mit meiner Schuld voll akzeptiert werde. Ja, noch mehr: Gott will und kann mich davon erlösen!

Wir wurden auch dazu ermutigt, unseren Lebensweg zu betrachten und alle Ereignisse und Situationen, die zu Belastungen und Verletzungen geführt hatten, zu erkennen und vertrauensvoll Gott in die Hand zu legen, damit er uns heilen kann. Dabei spielte die Atmosphäre, die von Leitung und Teilnehmern geprägt wurde, eine große Rolle. Es war eine Atmosphäre der Brüderlichkeit, des Verstehens und vor allem des Gebetes.

Ganz ohne Schwierigkeiten ging es jedoch nicht. Ich mußte feststellen, daß gerade meine Erwartungen mich am meisten behinderten. Denn mit zunehmender Dauer des Kurses reflektierte ich immer häufiger, ob das, was ich gerade hörte oder erlebte, das Große sei, das ich mir erhofft hatte. Auf diese Weise ging es mir ähnlich wie einem Menschen, der krampfhaft bemüht ist, einzuschlafen und sich dauernd kontrolliert, ob der Schlaf schon einsetzt oder nicht.

Die daraus resultierende Unruhe fiel erst von mir ab, als ich erkannte, daß ich außer der entsprechenden Bereitschaft zu Offenheit und Vertrauen auf das Wirken Gottes weiter nichts zu tun brauchte. Diese Erkenntnis brachte mir wohltuende Befreiung.

Nun konnte ich mich mit dem auseinandersetzen, was unter Tauferneuerung verstanden wird: ein persönliches Ja zu Gott. Es stand für mich fest, daß ich diesen Schritt machen mußte, und ich machte eine für mich sehr wesentliche Entdeckung: Meine Glaubensüberzeugung (ich hatte keinerlei Glaubenszweifel), mein logisches Denkvermögen (es war für mich logisch einsichtig und durchaus vernünftig) und mein Wille (ich wollte wirklich) reichten einfach nicht aus, dieses Ja zu sagen.

Ich spürte, daß ich dabei nicht als ganzer Mensch dahinter stehen würde. Dabei bemerkte ich, daß irgendeine Art von Mauer den emotionalen Kern meines Ichs so weit abschirmte, daß dieser weitgehend ausgeschaltet war.

Ich hatte mich bisher mit dieser Mauer recht gut arrangiert. Durch dieses Bewußt- werden konnte ich mich auf den Weg machen, dieses Hindernis zu beseitigen. Entgegen jeglicher Logik war es für mich dann wieeinexistenzielles Wagnis, das einzugehen mir große Überwindung kostete. Dafür wurde ich mit tiefer Ergriffenheit und großer Freude erfüllt.

Rückblickend konnte ich nun feststellen, daß einerseits meine ursprünglichen „großen Erwartungen“, die zwar nebulös waren, aber, um ehrlich zu sein, doch eher in spektakuläre Richtung gingen, absolut nicht erfüllt wurden - und das war gut so!

Andererseits konnte ich einen für mich wichtigen Fortschritt verzeichnen: Ich durfte die Nähe Gottes spüren, Gott aber als den ganz anderen, als den Vater, der weiß, was für die Seinen das Beste ist.

Dies führt zu der Frage, ob bzw. was sich in meinem Leben geändert hat. Da möchte ich zuallererst sagen, daß ich mich am Anfang eines langen Weges befinde, auf dem ich erst einige wenige Schritte gesetzt habe. Ein Weg, begleitet von den überraschenden Erfahrungen des Geistes Gottes, von dem ich mir (jetzt allerdings ganz anders) noch einiges erwarte.

Was ich in den ersten Wochen nachher feststellen konnte, ist, daß ich sensibler geworden bin: sensibler im Kontakt mit den Mitmenschen, aber auch hellhöriger gegenüber Gott. Es gab einige Situationen, in denen ich „unüblich“ reagierte und dabei eine eigenartige Gewißheit verspürte, das Richtige zu tun.

Weiter habe ich mich wegbewegt vom eher „spastischen“ Christentum, also weg vom eher krampfhaften, aktivistischen Alles-selbst-in-die- Hand-Nehmen und Erreichenwollen, hin zum Schauen, Horchen und Sich-leiten-Las- sen.

Das soll wiederum nicht heißen, daß ich meine Aktivitäten einschränke, sondern vielmehr, daß ich versuche, mein Leben aus dieser neuen Grundhaltung heraus zu gestalten.

Und so befinde ich mich im Stadium freudiger Zuversicht, daß der Heilige Geist weiter wehen wird, wo er will...

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