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Suche nach neuen Wegen
In Frankreich gärt es. Äußeres Anzeichen dafür waren zuletzt die Studentenkrawalle in Paris. Doch das Unbehagen reicht bis in die Regierungsparteien, wie die immer offener zutage tretenden Flügelkämpfe in der SP zeigen. Auch die KPF sucht eine neue Strategie.
In Frankreich gärt es. Äußeres Anzeichen dafür waren zuletzt die Studentenkrawalle in Paris. Doch das Unbehagen reicht bis in die Regierungsparteien, wie die immer offener zutage tretenden Flügelkämpfe in der SP zeigen. Auch die KPF sucht eine neue Strategie.
Das innenpolitische Klima wird durch gegenseitiges Mißtrauen, widerspruchsvolle Erklärungen und allerlei Spekulationen gestört. Man versteht die Nervosität der Sozialisten und der Kommunisten, wenn ihnen die Realitäten Maßnahmen aufzwingen, die ihrem Programm zuwiderlaufen und sich mit ihren Versprechungen nicht vereinbaren lassen.
Jede lokale Wahl wird fast zur Qual. Denn immer wieder wird der Rückgang des Einflusses der
Koalitionsparteien in der öffentlichen Meinung bestätigt.
Der in den Gemeindewahlen Anfang März offensichtlich gewordene Stimmenverlust setzt sich fort. Nach einer nicht veröffentlichten Meinungsbefragung droht den Kommunisten ein Abstieg auf weniger als zehn Prozent der Stimmen, während sie lange mit einem sicheren Bestand von 18 bis 20 Prozent rechnen durften.
In der Sozialistischen Partei haben die alten Trennungslinien zwischen dem linken Flügel CERES, der Gefolgschaft Francois Mitterrands und der sozialdemokratischen Tendenz hinter Ro- card erheblich an Bedeutung verloren. Man spricht sogar von einer Annäherung Mitterrands an seinen Rivalen Rocard, weil er erkannt hat, daß er ihm nunmehr nützlich zu sein vermag und infolgedessen die früheren Gegensätze für ihn belanglos geworden sind.
Auf dem linken Flügel ist andererseits der entscheidende Faktor nicht mehr eine gewisse Wahlverwandtschaft mit den Kommunisten, sondern ein gaullistisch gefärbtes Unabhängigkeitsstreben, das sich übrigens weniger gegen die Amerikaner als gegen die europäischen Bindungen richtet.
In umgekehrter Richtung wurde überraschenderweise der un-
verändert ehrlich europäisch orientierte und lange als Sozialdemokrat betrachtete Premierminister Pierre Mauroy zu einer Art Vertrauenskapital Mitterrands gegenüber den Kommunisten, denen Maur.oy in der letzten Zeit wiederholt entgegenkam, weil er ihre Unterstützung für die nächste Präsidentenwahl gewinnen will.
Die sozialistischen Geister scheiden sich heute an den Prioritäten. Mitterrand, Mauroy und sein Wirtschaftsminister Delors sind von der Notwendigkeit überzeugt, auf die europäischen und internationalen Zwänge Rücksicht nehmen zu müssen. Sie verzichten daher auf einen wirt- schafts- und sozialpolitischen Alleingang. Und vorerst setzen sie sich für eine stabilisierende und nicht mehr für eine sozialistische Wirtschaftspolitik ein.
Ein nicht kleiner Teil der Partei, der CERES-Flügel rund um Industrieminister Chevgenement, hält es dagegen für wenig sinnvoll, auf die sozialistischen Ziele zugunsten der europäischen Zusammenarbeit zu verzichten. Bestärkt werden sie in ihrer Meinung durch die doppelte Überzeugung, daß von der europäischen Koope ration nicht viel zu erhoffen ist und das augenblickliche Sanierungsprogramm der Regierung sein Ziel nicht zu erreichen vermag.
Sie sehen die Lösung in einem zunächst vorübergehenden Protektionismus, um so das Gleichgewicht der Zahlungsbilanz wiederherzustellen, ohne deswegen vom sozialistischen Weg abweichen zu müssen.
Eine zweite Kluft besteht in der Partei zwischen den Realisten und den Ideologen:
Der ersten Gruppe geht es darum, das wirtschaftliche Tief zu überwinden und infolgedessen mit den Unternehmern zusammenzuarbeiten, selbst auf die Gefahr hin, einige sozialistische Ideale bis auf weiteres zurückzustellen, um der Privatwirtschaft Zugeständnisse zu machen. Diese Realisten wollen ferner in einer sehr heiklen Lage gesellschaftspolitische Konflikte vermeiden. Sie sehen die wichtigste Aufgabe in der Verhinderung eines für die Linke verhängnisvollen Fehlschlags des Experiments Mitterrands.
Die Ideologen fordern genau das Gegenteil, sind allerdings untereinander gespalten. Es gibt nämlich in dieser Gruppe orthodoxe Marxisten und Gewerkschafter; außerdem gibt es hier auch die Verfechter des traditio- nelleh jakobinischen französischen Sozialismus, die sich eine Welt ohne ein staatliches Schulmonopol und ohne den revolutionären - Gleichheitsfanatismus nicht vorzustellen vermögen.
Der kommunistischen Führung wiederum fällt es nicht leicht, ihre Gefolgschaft von der Zweckmäßigkeit der Beteiligung an einer Regierung zu überzeugen, die einen den kommunistischen Vorstellungen entgegengesetzten Kurs steuert.
Tatsächlich überwiegen vorläufig noch die Vorteile der Regierungsbeteiligung die Nachteile. Es bedarf einer dramatischen Zuspitzung der Lage, damit die Kommunisten mit Nutzen in die Opposition übergehen können. Vorher wäre es für sie wenig sinnvoll, ihren zweifellos innerhalb der Partei hinreichend abgewerteten Generalsekretär George Marchais zu ersetzen.
Inzwischen läßt die Partei ihrer Gewerkschaft CGT für die Verunsicherung des Sozialklimas freien Lauf.
Hietzinger Hauptstraße 42B in Wien, 10 Uhrvor- ‘mittag. Die Zusammenrottung“ von etwa 30 Menschen läßt die beiden Wachleute, die sprechfunkbewehrt im Respektabstand lustwandeln, kalt. Sie sehen sie täglich — wenn Menschen nach Polen fahren wollen und vorerst die behördlichen Barrieren überwinden müssen.
Die Menschen halten Pässe oder Papiere in den Händen, die die Obrigkeit vor die Erfüllung der Reise wünsche ge-
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