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Sünde

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Das zweite Kapitel der Instruktion über die christliche Freiheit und Befreiung trägt den Titel: ,JDie Berufung des Menschen zur Freiheit und das Drama der Sünde“.

Warum steht in dieser Instruktion die Sünde derart im Mittelpunkt? Dieses Faktum bringt viele in Verlegenheit, weil viele einen falschen Sündenbegriff haben. Sünde ist für sie ein rein persönlichprivates Fehlverhalten, das mit der Unrechtssituation in der Welt kaum etwas zu tun hat. Auch die religiöse Dimension der Sünde als Bruch mit Gott wird in unserer säkularisierten Welt kaum als folgenschwer erlebt.

Die Instruktion fordert darum auf, das Gespür für Sünde wieder neu zu entdek-ken. Sie sieht in der Sünde, dem Bruch mit Gott, den „entscheidenden Grund für die Tragödien, die die Geschichte der Freiheit kennzeichnen“ (Nr. 37). Für sie ist die Sünde eine Quelle der Spaltung und der Unterdrük-kung.

Aber was ist Sünde? Diesbezüglich finden wir in diesem Schreiben keine Definition, sondern eine Reihe von Umschreibungen.

Sünde wird beschrieben als ,3ruch mit Gott“, als Versuch, selbst wie Gott zu sein; als Verleugnung und Verachtung Gottes, als ein Sich-Losreißen von der Wahrheit und der Liebe. ,JJer Mensch ist dazu berufen, wie Gott zu sein, das ist wahr. Indes ist er Gott ähnlich nicht im willkürlichen Belieben, sondern in dem Maß, wie er anerkennt, daß Wahrheit und Liebe zugleich Ursprung und Ziel seiner Freiheit sind“ (Nr. 37).

Sünde wird dann auch beschrieben als Streben nach totaler Autonomie und Unabhängigkeit: als Versuch, alles dem eigenen Willen und Belieben unterzuordnen; als Verletzung der grundlegenden Ordnung seiner selbst, der Gesellschaft und der sichtbaren Schöpfung; als ungeordnete Selbstliebe und Hinwendung zu den Geschöpfen. Eine extreme Form sei der Götzendienst. ,JJie Anbetung des lebendigen Gottes durch den Kult des Geschöpfes zu ersetzen, verfälscht die Beziehungen der Menschen untereinander und zieht verschiedene Formen der Unterdrückung nach sich“ (Nr. 39).

Das Sich-Lösen von Gott, von der Wahrheit und Liebe, wie auch das Streben nach totaler Autonomie führe zur Selbstentfremdung, zum Verlust des inneren Gleichgewichts, zu Konflikten im Innern des Menschen, zur Unterdrückung und zu Ver-irrungen, die den einzelnen und die Gesellschaft zerstören.

Der sündige Mensch schafft dann auch „Strukturen zur Ausbeutung und Versklavung“ (Nr. 42).

Siebenter Teil einer Serie zur „Instruktion über die christliche Freiheit und Befreiung“ der römischen Glaubenskongregation.

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