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Taktische Überredung

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Die diplomatischen Erfolge, die PLO-Chef Jassir Arafat in Vollversammlung und Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen errungen hat, haben in der „Palästinensischen Befreiungs-Organisation“ und ihren Untergruppen einen wahrscheinlich folgenschweren Meinungsbildungsprozeß ausgelöst. Erstes Ergebnis ist eine ungeheure Stärkung des Prestiges Arafats und der „Gemäßigten“. Sie haben bewiesen, daß mit diplomatischen Mitteln heute mehr zu erreichen ist als mit Terroranschlägen. Die Extremisten, vor allem auf der Linken, sind in die Ecke gedrängt worden. Sie könnten sich dadurch, wie man im arabischen Lager befürchtet, allerdings zu neuen kriegstreiberischen Aktionen herausgefordert fühlen. Die Mehrheit der Flüchtlingsfunktionäre will davon allerdings nichts wissen. Sie beschäftigt sich gegenwärtig hauptsächlich mit einer auch für die neutrale Außenwelt akzeptablen Definition ihrer neuen Rolle als Faktor der internationalen Politik um die Zukunft Palästinas.

In PLO-Kreisen ist man natürlich vor allem stolz auf den im Weltforum gelungenen diplomatischen Durchbruch. Trotz der Attacken des amerikanischen UN-Chefdelegierten Daniel Moynihan baut man im PLO-Hauptquartier fest auf den angeblich sichtbar werdenden diplomatischen Kurswechsel der Vereinigten Staaten gegenüber der Freischärler-Organi-sation. Die PLO-Führung zeigt sieh jedoch auch realistisch. Man weiß dort, daß kein westliches Land und nur wenige Staaten der Dritten Welt, die für die Anti-Zionismus-Resolution stimmten, das Ziel einer gewaltsamen oder auch nur friedlichen Auflösung Israels zu unterstützen bereit waren. Trotz der sowjetischen Zustimmung zur umstrittenen Resolution weiß man auch, daß der Kreml als einer der Taufpaten des

Staates Israel bis heute unverändert mit dessen Erhaltung rechnet. Für Arafat — dem ausländischen Kenner seiner Denkweise nachsagen, er persönlich habe den Faktor Israel längst innerlich akzeptiert — kommt es jetzt also darauf an, seine Gesinnungsgenossen wenigstens zu einer „taktischen“ Anerkennung Israels zu überredien. Sie dauerhaft zu zementieren, so rechnet er, dürfte der Regierung eines künftigen arabischen

Staates in Palästina nicht sohwer-fallen.

Die Diskussion über dlie palästd-nensiscbe Konzeption für die erhofften Verhandlungen hat innerhalb der PLO begonnen, erschwert wird sie allerdings durch die israelischen Reaktionen. Auf PLO-Seiite argu-mentiiiart man, Israel habe kein Recht, nach der piebiiszitären Legitimation der Freischärler-Organisation zu fragen. Die Israelis hielten seit dem Jund-Krieg von 1967 zwar das gesamte Restpalästina besetzt. Sie hätten in dieser Periode aber alles unter lassen, um den Volkswillen in den besetzten Gebieten zu erkunden.

In der PLO wagt es bislang noch niemand, den Gedanken am eine faktische Anerkennung Israels offen auszusprechen. Man klammert sich noch immer an die schwer erfüllbare Forderung, Jerusalem müsse allen Veirbriebenen die Rückkehr erlauben. Um Israel diese unrealiiistiische Forderung schmackhaft zu machen, weist man allerdings darauf hin, daß ein überwiegender Teil der Flüchtlinge in den arabischen Gastländern heimisch geworden sei und dort Besitz erwarben habe. Ihne Rückkehr sei also unwahrscheinlich. Was die Laigerinsassen angehe, so könne man ihre Rückkehr durchaus vom Nachweis verlorenen Besitzes abhängig machen oder ihnen die Wahl zwischen Rückkehr und Entschädigung überlassen. Wenn man weiß, daß es sich bei den Laglerinsassen überwiegend um das besitzlose Landarbeiterproletariat des alten Palästina handelt, so erkennt man hierin eine gewisse Konzession.

Im privaten Gespräch nennen auch hohe PLO-Funktionäre allerdings bereits die Grundvorausset-zungen für eine mögliche De-facto-Anerkennung Israels: Rückzug aus allen besetzten Gebieten und Anerkennung des Rechtes der „Palästinensischen Nation“ auf einen eigenen Staat. bestätigte nur diese Erkenntnis. Eine Intervention in Bangladesch würde das fünfundzwanzigjährige Werben Indiens um die Freundschaft der arabischen Staaten und alle Hoffnungen auf Erdölbegünstlgungen mit einem Knall beenden.

In diesem unglückseligen Bangladesch, dieser Schöpfung Indiens, stoßen nun indische Großmachtbestrebungen mit der neuen Expansionsdynamik des Islams zusammen.

Das allein sichert auf dem Subkontinent zumindest im Moment den äußeren Frieden. Doch diese Situation stärkt auch Indiras Entschlossenheit, das Verteidigungsministerium selbst zu übernehmen, um es später vielleicht einem starken Mann mit restloser Loyalität zu ihr und ihrem Sohn zu übergeben. Als Demonstration nach innen und nach außen. So ernst steht es um die Dinge.

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