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Tanz ums blaue Kalb

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Die klare Präferenz des FPÖ-Parteiobmannes für eine Regierungsbeteiligung seiner Partei ist bekannt. Schon 1971 bekannte Bundesobmann Friedrich Peter, daß „das strategische Konzept darin besteht, einen Teil der Mitverantwortung und Mitgestaltung in diesem Staat zu übernehmen, um die freiheitlichen Zielsetzungen noch besser verwirklichen zu können als bisher“. Friedrich Peter, das spürt man bei jedem seiner öffentlichen Auftritte — ob nun in TV-Interviews oder im Nationalrat — tendiert eindeutig zu einer rot-blauen Regierungskoalition unter einem Bundeskanzler Kreisky und einem Vizekanzler Peter. Nur fällt es ihm schwer, sich in diese Richtung ganz klar festzulegen, weil das erstens einem Teil der notorischen Wahler seiner Partei nicht recht gefallen will, zweitens klare Festlegungen seiner Partei (wie im Nationalratswahlkampf 1970: „Kein röter Bundeskanzler“) zumeist fatale Folgen haben und drittens die Haltung des ÖVP-Parteiobmannes Schleimer zur Freiheitlichen Partei es nicht erlaubt, wie unter Withalms Zeiten über eine aggressive ÖVP zu klagen.

Der Ausgang der Bundespräsidentschaftswahlen brachte Friedrich Peters FPÖ einen Schritt näher zu einer Regierungsbeteiligung. Die regional sehr unterschiedliche Haltung der FPÖ-Wähler zu den Kandidaten der beiden Großparteien mußte ihn erneut erkennen lassen, daß eine FPÖ-Koalition mit der einen Partei den der anderen Großpartei zugeneigten Teil der

FPÖ-Stammwähler vergrämt. Dabei haben die Wahlergebnisse in den einzelnen Bundesländern deutlich gezeigt, daß der alte Aufteilungsschlüssel für die FPÖ-Wähler längst nicht mehr stimmt. So galt es als Stehsatz, daß -die Kärntner FPÖ-Wähler mehrheitlich der SPÖ zuzuordnen

sind, die (wenigen) niederösterreichischen FPÖ-Wähler es dagegen mehr mit der ÖVP halten.

Spätestens nach der ersten Wahlanalyse der letzten Bundespräsidentenwahl sollte Friedrich Peter erkannt haben, daß die Lagermentalität in der FPÖ noch viel stärker ins Wanken geraten ist als in den beiden Großparteien. In dieser Situation muß es für den FPÖ-Obmann schwierig sein, Vorlieben in die eine oder andere politische Richtung zu entwickeln, ohne gleichzeitig das dezimierte Häufchen der FP-Aufrechten zu verärgern und damit weiter zu reduzieren.

Dazu kommt, daß innerhalb der FP-Führung längst nicht entschieden ist, ob diese Partei nach der nächsten Nationalratswahl tatsächlich aus der Opposi-tions- in die Regierungsrolle wechseln soll.

Für Äußerungen in dieselbe Richtung sind noch einige hohe FPÖ-Funktionäre gut: Götz in Graz ebenso wie der Salzburger FP-Landesrat Leitner.

Dies macht die Situation Friedrich Peters noch schwieriger; und gewiß nicht zu Unrecht muß er fürchten, daß es der Bundes-FPÖ im nächsten Nationalratswahlkampf ebenso ergeht wie der Landes-FPÖ bei den Landtagswahlen am 21. Oktober 1973 in Oberösterreich: sie war in aller Munde, von den Großparteien liebevoll gepflegt, weil sie als „Zünglein an der Waage“ galt. Am Wahlabend stellte sich heraus, daß alle Hoffnungen vergeblich waren.

Ähnlich könnte es FPÖ-Obmann Peter auch in einigen Monaten oder eineinhalb Jahren gehen. Vielleicht ahnt er, daß der Großparteien Tanz ums blaue Kalb Lockerungsübungen vor dem großen Fressen sind ...

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