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Tausend Seiten für den Frieden
Für die Pessimisten sind schlechte Zeiten angebrochen: Krieg ist dem Krieg erklärt! Die Ängstlichen und Kleingläubigen, die hinter jeder Zacke der Zeitgeschichte einen nuklearen Holocaust, hinter jeder Ecke eine Umweltkatastrophe und in jedem Weltraumprojekt einen Selbstmordversuch der Menschheit wittern, sehen sich neuerlich eines vermeintlichen Beweismittels beraubt: nämlich daß „noch nie Waffen zerstört, sondern immer noch irgendwo eingesetzt worden sind."
Der START-Vertrag, den die Präsidenten Bush und Gorbatschow am 31. Juli in Moskau unterzeichnen werden, sieht erstmals die Vernichtung von Fernlenkwaffen vor, die jede der beiden Supermächte auf das Gebiet der anderen gezielt hat. Für Mittelstreckenwaffen ist solches schon früher vereinbart worden. Künftig werden die USA und die UdSSR nur noch Interkontinentalraketen für je 6.000 Sprengköpfe besitzen dürfen. (Derzeit sind es rund 9.800 im Westen und 11.000 im Osten.)
Die Zahlen trügen: Da Bomber nach einer komplizierten Zählmethode im Vergleich zu Raketen nur mit einem Bruchteil der transportierbaren Sprengköpfe gezählt werden, bleiben in Wirklichkeit mehr Sprengköpfe als 6.000 übrig (etwa 9.000 bei den Amerikanern und 8.500 bei den Sowjets). Tatsache bleibt: Nagelneue Raketen, die einen Wahnsinnspreis gekostet haben, werden in die Luft gesprengt!
Die gute Kunde hat es nicht verdient, unter den Wellenbergen neuer Tatarennachrichten begraben zu werden. Die über tausend Seiten des START-Vertrages bergen, obwohl kein Mensch mehr jedes Detail davon versteht, neue Hoffnung für den Frieden. Die Ankündigung der Sowjetunion, sie werde alle Stützpunkte außerhalb des eigenen Territoriums (also in Osteuropa, Vietnam und der Mongolei) nun räumen, ist ein weiteres Signal der Entspannung(und bürdet der nun praktisch einzigen Supermacht USA ein bisher nicht gekanntes Maß an Verantwortung auf).
Der Londoner Gipfel der sieben stärksten Wirtschaftsmächte der Welt hat auf verwandten Gebieten hoffnungsvolle Zeichen gesetzt. So soll bei der UNO eine Datenbank über Waffenlieferungen eingerichtet und bei Waffenkonzentration in eine Region Alarm geschlagen werden. Das klingt zunächst unglaublich naiv - aber ein Anfang auf dem richtigen Weg ist auch das.
In Nahost wird ein neuer Anlauf versucht. In Südafrika stehen die Zeichen erstmals seit Jahrzehnten auf Hoffnung. Bricht der Weltfriede aus? Gewiß nicht. Und Jugoslawien ist nicht der einzige Gegenbeweis. Aber die professionellen Apokalyptiker (die es nicht zuletzt in Kirchengruppen gibt) stehen ein bißchen belämmert da. Das ist einen Sommerjauchzer wert.
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