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Technikerverdrossenheit?

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Handwerk war nie Selbstzweck, sondern Mittel zu Zwecken der menschlichen Existenz. Ingenieure sind als Sachverständige mit Handwerkern zu vergleichen. Sie sind Experten auf ihrem Gebiet und als Führungskräfte oder Spezialisten für Forschung und Entwicklung weltweit nach wie vor gesucht.

Die Berufschancen für Absolventen der Technischen Universitäten Wien und Graz und der Montanuniversität Leoben sind daher günstig. Die Entwicklung der Hörerzahl hingegen entspricht nicht der günstigen Arbeitsmarktlage. 1980 gibt es in Österreich fast achtmal soviele Studenten wie vor 25 Jahren. Die Zahl der Sponsionen zu Diplomingenieuren hat sich jedoch nur verdoppelt!

Die jährlichen Erstabschlüsse inländischer Hörer an österreichischen Universitäten sind von 1970 bis 1977um 23% gestiegen, die Zahl der Abschlüsse an den Technischen Universitäten stagniert (-0,5 %). In den klassischen Ingenieurfächern Maschinenbau, Bauingenieurwesen und Elektrotechnik sind sogar eher sinkende Hörerzahlen zu beobachten.

Die Hinwendung vieler Studenten zu den Geisteswissenschaften dürfte zum Teil durch eine kritische Einstellung motiviert sein. Sie glauben durch ihr Wissen über Soziologie, Politologie oder Sozialwissenschaften etwas besser machen zu können. Es stellt sich aber die Frage, warum es nicht auch ein Ziel für künftige Akademiker sein kann, bezogen auf das komplexe Problemfeld Technik, aufgrund von Fachwissen, praktisch zu versuchen, das technisch-naturgesetzlich Mögliche mit dem ökonomisch Vertretbaren und dem gesellschaftlich Gewünschten in Beziehung zu setzen.

Technische Studien sind auf Berechnung, Entwurf und Entwicklung industrieller Produkte sowie auf Planung und Organisation ihrer Herstellung und ihres Einsatzes ausgerichtet. Sie wären noch verstärkt durch praxisbezogene allgemeinbildende Fächer zu ergänzen, als Einführung in technik fernere Disziplinen.

Müßten sich Studenten der technischen Wissenschaften nicht auch mit Ethik, d.h. mit Philosophie befassen?

Prinzipiell steht dem nichts im Wege, da philosophische oder auch soziologische Vorlesungen an jeder österreichischen Universität belegt werden können. Das Problem liegt vielmehr in dem immensen Arbeitsaufwand technischer Studien und der ohnedies schon geringen Freizeit, die dadurch um ein weiteres Stück beschnitten würde.

Dennoch wird, der allgemeinen Entwicklung folgend, künftig noch mehr als bisher auf wirtschaftliche, soziologische und auch politische Zusammenhänge eingegangen werden müssen. Nicht zuviel Stoff, d.h. Detailwissen, sondern Erweiterung des Horizontes und nützliche Diskussionen sind anzustreben.

Dipl.-Ing. Dr. Ladanyi ist Direktor der Vereinigten Edelstahlwerke AG.

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