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Teilzeitarbeit als dritter Weg

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Vor allem sozialistische Emanzipationstheoretiker äußern massive Vorbehalte gegen alle Modelle der Teilzeitbeschäftigung. Die Nachfrage spricht eine andere Sprache.

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Vor allem sozialistische Emanzipationstheoretiker äußern massive Vorbehalte gegen alle Modelle der Teilzeitbeschäftigung. Die Nachfrage spricht eine andere Sprache.

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Die Teilzeitbeschäftigung ist für Mütter kleiner Kinder ganz offensichtlich ein attraktiver dritter Weg zwischen ganztägiger Erwerbstätigkeit und völligem Rückzug aus dem Beruf. Denn sie verknüpft manche Vorteile der berufstätigen Frau mit dem Hauptvorteil der „Nurhausfrau": die Frau verdient Geld, behält die so wichtigen beruflichen Kontakte und hat zudem mehr Zeit für ihre Familie als Ganztagskräfte.

Kein Wunder, daß die Nachfrage nach Teilzeitarbeitsplätzen ständig steigt — obwohl die sogenannte Staatssekretärin für Frauenfragen, Johanna Dohnal, ihre Geschlechtsgenossinnen gegenteilig indoktrinieren möchte. Nur volle Berufstätigkeit bringe volle Emanzipation, argumentiert sie. Als wäre Gleichberechtigung eine Frage der Arbeitszeitgestaltung und nicht eine der Partnerschaft zwischen zwei Menschen.

Um ihre Abneigung statistisch zu untermauern, gab Dohnal eine Umfrage in Auftrag (FURCHE, 15/1984) und jubilierte: jede fünfte in Teilzeitarbeit stehende Frau antwortete, daß sie die Teilzeitbeschäftigung nicht oder jedenfalls nicht mit dieser. Zeiteinteilung gewünscht habe.

In Wahrheit liefert diese Umfrage keineswegs Munition für Dohnais ideologisch motivierten Kampf. Sie bedeutet im Gegenteil ein eindrucksvolles Votum für die Teilzeitarbeit: 80 Prozent der Befragten waren zufrieden.

Ich weiß nicht, ob 80 Prozent der Vollzeitbeschäftigten bei einer ähnlichen Umfrage antworten würden, sie seien mit ihrer Arbeit und der sie betreffenden Zeiteinteilung zufrieden.

Wie stark das Interesse an Teilzeit ist, zeigt auch der gelungene Start des Teilzeitservices in Salzburg. Seit 1. März läuft dort auf meine Initiative hin ein Modellversuch des Landesarbeitsamtes Salzburg, der die bessere Vermittlung Teilzeitarbeitsplatzsuchen-der zum Ziel hat.

Für eine echte Bilanz ist es noch zu früh. Aber soviel kann man schon heute sagen: In zehn Tagen wurden 57 Personen vermittelt. Das Stellenangebot reicht von der Buchhaltung über die Tischlerei bis zu Reinigungsarbeiten.

Die Nachfrage ist ebenso breit gefächert, vom Halbtags-Gold-schmied bis zur Verkäuferin. Es haben sich außerdem erstaunlich viele Männer gemeldet, was mich als Frau besonders freut. Ich hoffe, daß in Zukunft auch Väter von der Möglichkeit Gebrauch machen, Familie und Beruf besser miteinander zu vereinen.

Aber, um Mißverständnissen vorzubeugen: Ich möchte kein einzig Volk von Teilzeitarbeitenden, sondern nur freiwillige Arbeitszeitverkürzung für jene, die das wünschen.

Gerade in der heutigen Zeit hätte die Teilzeitarbeit nämlich neben dem familienpolitischen auch einen wichtigen arbeitsmarktpolitischen Effekt: Heute sind Arbeitnehmer meist vor die Alternative gestellt, ganz oder gar nicht zu arbeiten. Wenn aber diejenigen beruflich zurückschrauben können, die das wollen, dann würden Vollzeitarbeitsplätze für junge Arbeitslose frei.

Ausländische Erfahrungen zeigen, daß die Einführung der Teilzeitarbeit für Beamte ein echter Beitrag zur Bekämpfung der Junglehrerarbeitslosigkeit ist.

Daher haben wir von der ÖVP einen diesbezüglichen Antrag im Parlament eingebracht, gegen den Staatssekretärin Dohnal ebenfalls kämpft.

Ich gebe trotzdem die Hoffnung nicht auf, daß es in dieser Frage zu einer Koalition der Vernünftigen kommt: denn erst vor Weihnachten wurde im steiermärkischen Landtag mit den Stimmen der Sozialisten die Einführung der Teilzeitarbeit für pragmatisierte Beamte beschlossen.

Die Teilzeitarbeit könnte aber nicht nur in der Familien- und in der Arbeitsmarktpolitik eine wichtige Rolle spielen, sondern auch beim Ubergang in die Pension.

Seit ich als Arbeitszeitsprecherin der ÖVP durch Österreich ziehe, tragen immer wieder ältere Arbeitnehmer den Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung an mich heran. Gemeinsam mit Herbert Kohlmaier möchte ich daher ein Modell zum gleitenden Ubergang in den Ruhestand ausarbeiten, das pensionsrechtliche Nachteile vermeidet.

Der Pensionsschock würde für den einzelnen gemildert, der Unternehmer könnte langsam einen Nachfolger aufbauen.

Auch hierzu gibt es genügend ausländische Beispiele. Bei einem Elektrokonzern können Mitarbeiter nach 20jähriger Firmenzugehörigkeit und ab dem 55. Lebensjahr auf 20 Stunden zurückschalten. Sie erhalten dann als Entlohnung eine Kombination von Teilen des Arbeitseinkommens und der Pension.

Sicher ist, wir brauchen gerade jetzt mehr Phantasie, nicht nur beim Erfinden neuer Produkte für den Export, sondern auch fürs Finden neuer Beschäftigungsformen. Nur mit Phantasie können wir das Problem Arbeitslosigkeit entschärfen.

Die Autorin ist ÖVP-Abgeordnete zum Nationalrat und Bereichssprecherin für flexible Arbeitszeit.

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