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Temesvar braucht Wien

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Das Deutsche Theater von Temesvar will nach Österreich, die Interessengemeinschaft österreichischer Autor/ inn/en als Empfänger des Hilferufs hat diesen an die Theaterszene in Österreich weitergegeben.

Seit den tragischen Ereignissen im Jahr 1989 ist Temesvar den Österreichern bekannt, kaum jemand weiß aber um die geschichtliche Bedeutung dieser Stadt.

Heute in Grenznähe zu Ungarn und Serbien gelegen, wurde die „Temesch-burg" 1212 erstmals urkundlich erwähnt, war Jahrhunderte lang den Kämpfen in diesem Durchzugsgebiet ausgesetzt. 1552 fiel die Stadt in die Hände der Türken, wurde 1716 befreit, unter Kaiser Karl VI. erfolgte eine großangelegte Umsiedelung Deutschsprachiger in das „Temescher Banat", das von 1719 bis 1779 eine Provinz der k.u.k. Monarchie mit deutscher Amtssprache und dem kulturellen Zentrum Temesvar, dem sogenannten „Klein-Wien" war. Beamte, Adelige und Geistliche strömten nach Temesvar und sorgten für einen großartigen Aufschwung des kulturellen Lebens. Erste Aufzeichnungen über deutsche Theatervorstellungen finden sich für das Jahr 1753. Nach der Rückgliederung an die Ungarische Krone (1779) und der Ernennung zur Freistadt (1781), in der das deutsch-österreichische Gepräge trotz allem erhalten blieb, erlebte das erste ständige Theater unter seinem Begründer Friedrich Strampfer eine Blütezeit. Als im Zuge nationalistischer Tendenzen das Deutsche Theater durch feindliche Propaganda in der Presse angegriffen wurde, kam es im März 1899 zur Auflösung und erst nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1953, wurde das Theater wieder zum Leben erweckt.

Über 3000 Vorstellungen und viele Tourneen in die ehemalige DDR fanden seither statt.

In den letzten Jahren hat das Deutsche Theater vor allem durch die zunehmende Bedrohung der deutschen Minderheit eine Krise erlebt. Viele wandern aus, wollen sich in Deutschland eine neue Existenz aufbauen. Die Direktorin des Deutschen Theaters, Ildiko Jarcsek-Zemfirescu, will sich diesem Pessimismus nicht beugen, durch harte Arbeit, Professionalität und „Zammhalle" meint sie, die schwierige Situation der Rumänen-Deutschen bewältigen zu können. Motiviert durch das beachtliche Echo der Premiere „Nur keine Tochter..." der österreichischen Autorin Hilde Langthaler sucht das Theater nun Gastspielmöglichkeiten auf Bühnen und Festivals in Österreich. Die Verbindung zu deutschsprachigen Bühnen soll so aufrecht erhalten beziehungsweise neu belebt werden.

Gast am Donaukanal

Bereits im Vorjahr hat sich Frau Jarcsek-Zemfirescu an die deutsche Botschaft in Bukarest gewandt und von Außenminister Genscher Hilfe zugesagt bekommen, durch die IG Autor/inn/en sollen nun Kontakte zu anderen Theatern geknüpft werden. Der Vorschlag der Direktorin, daß österreichische und deutsche Dramatiker ihre Werke dem Deutschen Theater in Temesvar zur Aufführung anbieten sollten, wurde von Hilde Langthaler in die Tat umgesetzt: am 21. Juni hatte ihr Stück seine erfolgreiche Premiere.

Wie Gerhard Ruiss von der IG Autor/inn/en informiert, hat sich in Wien Otto Jankovich vom „Verein zur Förderung des Musicals" als erster konkreter Interessent gemeldet. Er möchte das Theater im kommenden Jahr im Rahmen des „Donaufluß-Festivals" einladen. Auf der „Donaukanalbühne" werden 1992 auch Gäste aus Ungarn, CSFR und Deutschland erwartet, was den Künstlern aus Rumänien die Möglichkeit gibt, weitere Beziehungen in Europa aufzubauen.

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