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„Testfall" Papstbesuch im Buigenland

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Als Papst Johannes Paul II. am . 24. Juni 1988 auf der „Hutweide" in Trausdorf bei Eisenstadt ein grenzüberschreitendes Glaubensfest feierte, stellten ungarische Katholiken das größte Kontingent. Gekommen war auch eine große Abordnung aus Kroatien und -bedingt durch die damaligen politischen Verhältnisse - eine kleine Gruppe aus der Slowakei. Man darf

im Rückblick die Papstmesse in Trausdorf mit Fug und Recht als eine Art „Testfall" für die lebendigen Kontakte zwischen der katholischen Kirche des Burgenlandes und den Nachbardiözesen im Osten bezeichnen.

Abgerissen waren die jahrhundertealten verwandtschaftlichen, nachbarlichen und freundschaftlichen Verbindungen auch während der Jahrzehnte des „Eisernen Vorhangs" in der Tat nicht. Das hatte sich bereits 1956, zur Zeit der großen Flüchtlingswelle aus Ungarn, gezeigt. 1989 war das Burgenland wieder für viele Tausende Bürger aus der ehemaligen DDR das „Tor zum Westen". Nach der Angliede-rung des heutigen Burgenlandes an Österreich im Jahr 1921 wurde, ein Jahr später, dieses Gebiet als Apostolische Administration Burgenland ein eigenes kirchliches Verwaltungsgebiet. Es war von den Mutterdiözesen Györ/Raab und Szombathely/Steinamanger abgeteilt, aber nicht abgetrennt. Diese Periode fand mit der Erhebung der Apostolischen Administratur Burgenland zur Diözese Eisenstadt im Jahr 1960 ihr Ende. Die jahrhundertealten Verbindungen aber wurden weitergepflegt.

Die aus Geschichte und Glauben kommenden Beziehungen finden in der Persönlichkeit des Eisenstädter Bischofs Stefan Läszlö, der als „Homo Pannonicus" alle drei im Land gesprochenen Sprachen

(Deutsch, Kroatisch, Ungarisch) beherrscht, sprechenden Ausdruck. Geboren wurde er in Preßburg; bei der Taufe erhielt er den Namen des heiligen Ungarnkönigs Stefan (gestorben 1038). Sein Vater war ungarischer Vermessungsingenieur, seine Mutter stammte aus dem kroatischen Ort Trausdorf, wo Stefan Läszlö aufgewachsen ist.

An gutnachbarlichen Beziehungen zu den Diözesen in Ungarn, in der Slowakei und in Kroatien war Bischof Läszlö stets gelegen. Ausdruck dafür waren die ständigen Kontakte zu den ungarischen Bischöfen, zu Tyrnau in der Slowakei und zur Kirche in Kroatien. Die Beziehungen zu Kroatien ergeben sich aus der Tatsache, daß vor mehr als 450 Jahren Kroaten in das heutige Burgenland einwanderten und

daß die Kroaten auch _

heute noch einen wichtigen Bestandteil der Diözese Eisenstadt darstellen (siehe Seite 11).

Seit Jahren nimmt der Eisenstädter Ober-hirte als Vertreter der Österreichischen Bischofskonferenz an den Konferenzen der Bischöfe Jugoslawiens teil. Viele Jahre lang war er Apostolischer Visitator für die in Österreich lebenden Ungarn und er nimmt auch heute noch Aufgaben in diesem Bereich wahr.

Hatte es schon während des kommunistischen Regimes viele Kontakte auf diözesa-ner, pfarrlicher und persönlicher Ebene ge-

geben, so wurden diese nach der Beseitigung des „Eisernen Vorhangs" intensiviert.

Geschehen ist vieles an Hilfe für die Nachbarn. Und beileibe nicht alles wurde an die große Glocke gehängt. So hat Bischof Läszlö seit Jahrzehnten die Nachbardiözesen mit theologischer und pastoraler Literatur versorgt. Im vergangenen Jahr gab es seitens der Katholischen Aktion Burgenland viele Aktivitäten zum Aufbau der Katholischen Aktion in Ungarn und in der Slowakei.

Für das Bildungshaus der Diözese Szombathely/Steinamanger wurde beispielsweise Zimmer- und Kücheneinrichtung von der Katholischen Frauenbewegung besorgt. Dazu kam eine burgenland-weite Kleidersammlung für dieses

diözesane Bildungshaus, die ein außergewöhnlich starkes Echo gefunden hat. Seitens der Diözese wurden Schreibmaschinen, Kopiermaterial und Behelfe für Erwachsenenbildung und Sakramentenkatechese zur Verfügung gestellt.

Die Errichtung der Heilig-Geist-Kirche und des Pfarrzentrums sowie der Bau einer Orgel in Györ/Raab wurden von der Diözese Eisenstadt tatkräftig unterstützt. Ebenfalls zu erwähnen ist, daß die katholische Frauenbewegung seit Jahrzehnten aus der Aktion „Elisabeth-Tisch" Paramente für die Diözesen im Osten zur Verfügung gestellt hat.

Eng sind seit jüngster Zeit die Beziehungen zwischen der Katholischen Frauenbewegung und der Slowakei: So haben Frauen aus der Slowakei burgenländische Pfarren

besucht, um Erfahrungen beim Aufbau von Frauengruppen zu sammeln. Nicht zu vergessen sind die jahrzehntelangen Kontakte zwischen burgenländischen Pfarrern und Pfarren jenseits der Grenze. So hat ein südburgenländischer Pfarrer viele Jahre materielle und pastorale Hilfen nach Ungarn „geschmuggelt".

Bis zur Öffnung der Grenzen fanden im Burgenland jedes Jahr am Nationalfeiertag (26. Oktober) von der Katholischen Aktion organisierte „Gebete an der Grenze" statt. Mittlerweile trifft man sich zu gemeinsamen Gottesdiensten in Ungarn. Und es gibt mancherlei Hilfen für Kirchenrestaurierungen beim Nachbarn, wofür sich zum" Beispiel die Pfarren des burgenländischen Seewinkels stark engagieren.

Wenn sich die Beziehungen zum früheren Osteuropa vorwiegend als' wirtschaftliche und beratende Hil-" fe darstellen, so hängt dies mit der leidvollen Geschichte der Nachbarländer zusammen. Bischof Läszlö pflegt dazu zu erklären: „Helfen dürfen ist eine Gnade."

Die Hof fnung darf ausgesprochen werden, daß das kleine Grenzland' Burgenland im Sinne seiner so oft und zu Recht genannten Brücken-' funktion seinen Beitrag leistet zur Verbundenheit der Völker mit Osteuropa und zur Besinnung auf gemeinsame Geschichte und Wertvorstellungen, die auf dem recht verstandenen Evangelium basieren. Nicht zuletzt mag dies auch dazu beitragen, daß die hohen Ziele der Solidarität, Gerechtigkeit und des völkerverbindenden Friedens nicht ein bloßer Traum bleiben.

Der Autor ist Pressereferent der Diözese Eisenstadt und Chefredakteur der „Kirchenzeitung der Diözese Eisenstadt".

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