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Teure Freifahrt

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Ferien. In vielen Familien werden die Schulsachen zusamrnenund weggeräumt. Da und dort wird man sich dabei wieder (einmal) geärgert haben, daß manche Schulbücher nicht oder nur teilweise verwendet worden sind.

Und diese Verärgerung vieler über· , die „ Verschwendung" der Mittel des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) hat allerdings bereits dazu geführt, daß innerhalb der politischen Rahmenrichtlinien die „Gratis"- Schulbuchaktion relativ spar-

sam durchgeführt wird. Der Familienbericht 1989 stellt dazu fest: Der Aufwand für die Schulbuchaktion ist im Berichtszeitraum gleichgeblieben. „Gratis" heißt außerdem nicht kostenlos. Den Familienfonds kosteten sie im Jahr 1 988 insgesamt 934 Millionen Schilling.

Weniger auffällig sind für die betroffenen Eltern und Erziehungsberechtigten sowie Schüler die Kosten für die Schüler-„Frei"Fahrt. Sie wird im laufenden Jahr 1990 voraussichtlich 3,6 Milliarden Schilling betragen.

Im Zusammenhang mit diesen Ausgaben spricht der Familienbericht von einer „dramatischen Aufwärtsentwicklung". Der Aufwand dafür ist in elf Jahren um 9 1 Prozent gestiegen, während jener für Familienbeihilfen nur um 25 Prozent höher liegt. „In den letzten zehn Jahren ist die drastische Steigerung der Pro-Kopf-Ausgaben für die Kostenexplosion verantwortlich. Insbesondere bei den Schülerfreifahrten, welche quantitativ besonders ins Gewicht fallen, geht die Zahl der Anspruchsberechtigten sogar zurück", stellt der Familienbericht fest.

Betrug im Schuljahr 1979/80 bei 1,014.763 Schülern der Aufwand pro Kopf 1.944 Schilling, so waren es 1987 /88 bei 906.000 Schülern pro Kopf 3.610 Schilling und 1988/89 bei 875.800 Schülern gar 3.906 Schilling pro Nase. Würde man diesen Betrag direkt an die Eltern der Schüler ausbezahlen, erhielte jeder pro Schulmonat 400 Schilling zusätzlich. Hat man immer noch Angst, daß die Eltern - wie jemand einmal „netterweise" festgestellt

hat, diesen Betrag „ versaufen" würden? Im übrigen: Schon vor Jahren hat der Rechnungshof zu bedenken gegeben, daß die, wenn auch indirekte, Unterstützung notleidender Linienverkehrsunternehmen nicht Aufgabe des Ausgleichsfonds sein kann.

Nach dem Familienlastenausgleichsgesetz schließt das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie mit den Verkehrsunternehmen Verträge ab. Der Bund, das heißt der FLAF, ersetzt „den Verkehrsunternehmen die im Tarif jeweils vorgesehenen Fahrpreise für die Beförderung der Schüler zur und von der Schule". Dafür werden die Schüler „frei" befördert.

Das Gesetz bestimmt weiters: „Der zu ersetzende Fahrpreis ist nach den für die in Betracht kommenden Benützer der öffentlichen Verkehrsmittel jeweils vorgesehenen weitestgehenden Ermäßigungen zu ermitteln."

Im Unterschied zu anderen Verkehrsunternehmungen erhielten die ÖBB im Schienenverkehr bisher 7 5 Prozent des Regeltarifes, das ist der Fahrpeis für einen Erwachsenen. Wie bei allen anderen Verkehrsunternehmen

bildeten 44 Fahrten-pro 1 Monat die Verrechnungsgrundla- · ge.

Der Katholische Familienverband Österreichs sowie der Familienpolitische Beirat haben - wie auch andere-diese Regelung heftig kritisiert.Nach einer Gesetztesänderung erhalten die ÖBB nun 50 Prozent des Regeltarifes, aber - als neuerlichen Spezial-„Bonus" -auf der Basis von 60 Fahrten ersetzt.

Die „weitestgehenden Ermäßigungen", wie sie das Gesetz verlangt, und die Auswirkungen sollen am folgenden Beispiel illustriert werden:

Auf der Strecke Wels-Linz zahlt ein Erwachsener im Regeltarif 42 Schilling, ein Kind die Hälfte. EL1e Monatsstreckenkarte für Erwachsene, für l..ehrlinge oder für Schüler kostet 312 Schilling.

Unter der Annahme von 60 Fahrten pro Monat ist diese Monatsstreckenkarte gegenüber dem Regeltarif um rund 88 Prozent ( ! ) ermäßigt. Die Preise gegenüber dem FLAF sind aber nur um 50 Prozent reduziert.

Die Zahlungen aus dem FLAF wurden bis 1990 auf der Basis von 44 Fahrten pro Monat und 75 Pro-

zent des Regeltarifs - ohne Mehrwertsteuer - berechnet. Dies hatte zur Folge, daß der FLAF für einen Schüler auf der Strecke Wels-Linz für die monatliche Karte 1 .260 Schilling aufwenden mußte. Nach der Neuregelung (zwar „nur" 50 Prozent, aber 60 Fahrten) sind es monatlich 1 .145,45' Schilling - bei Kosten für eine Monatskarte von 312 Schilling.

Ein Schuljahr (zehn Monate) kostet bei diesem Beispiel pro Schüler für den FLAF 1 1.454 Schilling beim Kauf durch die Eltern direkt würde die Fahrt aber nur 3.120 Schilling kosten. Mehraufwand: 8.334 .Schilling.

Würde der Betrag, den der FLAF bezahlen muß, den Eltern direkt ausbezahlt, bleiben ihnen nach Abzug der zehn Monatsnetzkarten also noch monatlich 833,40 Schillingin den Schulmonaten. Dies wäre für viele Eltern, die ohnehin für die Schule einiges zusätzlich aufwenden müssen, eine wertvolle Hilfe. So profitieren Verkehrsunternehmen.

Im übrigen widerspricht sich das Familienlastenausgleichsgesetz selbst. Die grundsätzliche Regelung, daß für die Ermittlung des Fahr- · preises die weitestgehende Ermäßigungheranzuziehen ist, gilt nicht für Unternehmen, die Haupt- und Nebenbahnen betreiben.

Der Autor ist Generalsekretär des Katholischen Familienverbandes Österreichs.

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