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Theodor Kardinal Innitzer

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Am 25. Dezember jährt sich nun zum hundertsten Mal der Tag, an dem Theodor Kardinal Innitzer in Weipert (heute in der CSSR) zur Welt kam. Und am 9. Oktober hat sich zum zwanzigsten Male sein Todestag gejährt. Zwischen diesen beiden Daten, 1875 und 1955, vollzog sich der Entwicklungsgang des Menschen Innitzer, sein schließlicher Aufstieg zum Volksbischof. 1911 wurde Innitzer Professor für neutestamentarische Theologie an der Universität Wien, 1917 Generalsekretär der Leogesellschaft, 1932 Erzbischof von Wien. Vorübergehend, nämlich von 1929 bis 1930, war er Bundesminister für soziale Verwaltung. Sein größtes Werk war aber sicherlich die „Hilfsaktion für Notleidende und unschuldig Verfolgte“ während der nationalsozialistischen Ära. Das erzbischöfliche Palais barg damals zahlreiche Katholiken jüdischer Abstammung, entzog politisch Verfolgte den Nachforschungen der Gestapo, rettete viele vor Genickschuß, Gaskammer und Guillotine.

Am 18. Dezember fanden sich nunmehr die Proponenten der „Kardinal-Innitzer-Gesellschaft“ im Kuppelsaal des Palais Auers-perg, Wien, zur konstituierenden Generalversammlung zusammen. Den Ehrenschutz hatte Franz Kardinal König übernommen.

Bei den Proponenten der Gesellschaft handelt es sich durchwegs um Persönlichkeiten, die als damals Jugendliche an der historischen Andacht vom 7. Oktober 1938 teilgenommen haben. An jenem 7. Oktober war der Wiener Stephansdom derart überfüllt, daß die Zuspätkommenden dichtgedrängt vor den Toren ausharren mußten. Aber jedes Wort des Kardinals verbreitete sich in Windeseile durch die Menge. Als Innitzer schließlich, dem Sinne nach, ausrief: „Verzeiht mir, ich habe mich geirrt!“ war kein Halten mehr. Die 5000 Jugendlichen begannen sich vor Begeisterung heiser zu schreien, geleiteten den Kardinal zum Palais, riefen ihn ans Fenster, wollten nicht mehr von der Stelle weichen, obwohl Innitzer mit erhobenen Händen bat, sie mögen doch heimgehen. HJ-Trupps, blaß vor Wut, versuchten die Demonstration zu sprengen, bildeten Stoßkeile und Ketten. Aber die Menge wich ihnen lachend aus und schloß sich hinter ihnen wieder. Sprechchöre skandierten: „Wir danken unserm Bischof!“ und „Wir wollen unsern Bischof sehn!“

Kurz darauf kam die Antwort der Machthaber. HJ stürmte und verwüstete das erzbischöfliche Palais; Innitzer entging mit knapper Not der „versehentlichen“ Ermordung, Prälaten wurden verletzt. Jakob Weinbacher wurde ein Opfer der politischen Verfolgung.

Aber es war die erste Niederlage Adolf Hitlers in Österreich.

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