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Thesen, Vorschläge, Anregungen

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1. Eine zukunftsorientierte Bildungspolitikhat die Aufgabe und Verpflichtung,das Klima und die Rahmenbedingungen für das Erkennen und die Förderung von Begabten sowie Hochbegabten im österreichischen Bildungswesen zu schaffen.

Es bedarf daher einer umfassenden Bewußtseinsbildung in der Gesellschaft und der besonderen Motivation aller im weitesten Sinne am Bildungswesen Beteiligten, einer ent-sprechenden politischen Willensbildung und Umsetzung in Gesetzgebung und Vollziehung.

2. Eine intensive Auseinandersetzung mit Fragen der Be-gabtenförderung verlangt Maßnahmen und Einrichtungen zur Begabtenforschung, spezielle Methoden der Be-gabtenidentifikation sowie eine besondere Didaktik der Begabtenf örderu ng.

Das Erkennen und in der Folge das Entwickeln von Begabungen sind die Grundlage aller Maßnahmen.

Vor allem ist eine besondere wissenschaftlich-pädagogische Auseinandersetzung mit dem Gesamtthema Begabtenförderung eine Grundvoraussetzung, um erfolgreiche Maßnahmen setzen zu können.

3. Die ersten Lebensjahre sind geprägt von umfassenden Erkenntnis- und Bildungsprozessen und bilden die Basis für erfolgreiche spätere Begabtenförderung.

Der Familie kommt eine grundlegende und wichtige Rolle bei der Erkennung und Entfaltung jedweden Begabungspotentials von Kindern und Jugendlichen zu. Die Familien- und Gesellschaftspolitik haben Bedingungen zu schaffen, die eine bestmögliche Entfaltung der Kinder ermöglichen. Dazu zählen eine gezielte Elterninfor-mation, eine einschlägige Ausbildung der Ärzte (Erkennen von Begabungen) und die Schaffung von Anlauf-und Beratungsstellen für Eltern, die besondere Förderungsmaßnahmen suchen.

4. Aus der Sicht der Industrie ist es eine wesentliche Aufgabe der Schule, Begabungen zu fördern, Begabte zu fordern, zu motivieren und zu begeistern.

Dafür sind strukturelle Vorausssetzun-gen zu schaffen. So ist das System der Leistungsbeurteilung dahingehend zu verändern, daßdie Selbständigkeit in der Lösung von Problemen und das Einbringen von Erkenntnissen stärker berücksichtigt und honoriert werden und nicht ausschließlich vom bloßen Erfassen der Fehler ausgegangen wird. Intelligentes Verhalten soll nicht als störend bewertet und der begabte Schüler darf nicht als "lästig" und "unbequem" empfunden werden.

Voraussetzung für eine wirksame Begabtenförderung ist auch eine konstruktive Zusammenarbeit von Eltern, Lehrern und Schülern.

Die integrative Begabtenförderung innerhalb der Klasse einer bestimmten Schulart wird wohl die Regel sein, wobei Formen der Differenzierung und Individualisierung einzusetzen sind. Zusätzlich sollte die Zusammenfassung besonders Begabter in eigenen Fachkursen gefördert werden.

Weitere Förderungsmaßnahmen bieten sich an: Ausbau des Angebotes an Freigsgenständen, verstärktes Angebot an Wahlpflichtfächern, Nutzung der Möglichkeit des Überspringens von Schulstufen und Schulversuche mit Fachklassen (Aufstieg nach Leistungsgraden) sowie Leistungswettbewerbe in allen Altersstufen.

5. Auch im Bereich des Schulmanagements führt mehr Wettbewerb zu mehr Leistung.

Kontrollierter Wettbewerb zwischen Bildungsinstitutionen, Schulen - mit besonderem fachlich-pädagogischem Angebot - und Lehrern, und damit auch mit privaten Schulen, ist nicht nur zuzulassen, sondern auch zu fördern.

Die Stärkung der Schulautonomie, das Schaffen von Anreizsystemen für Pädagogen und das Gewähren zusätzlicher Freiräume bei der Unterrichsge-staltung unterstützen diese Entwicklung.

6. Die Lehrer sind die Schlüsselpersonen für die Förderung von Begabungen. Die verantwortungsvolle Aufgabe des Erkennens und För-derns von Begabungen stellt hohe Anforderungen. Die entsprechende Qualifikation der Lehrer spielt daher eine große Rolle.

Die Lehrer sind daher im Rahmen der Lehreraus- und -Weiterbildung in die Lage zu versetzen, dieser Aufgabe nachzukommen.

Weiters sind Lehrer gezielt darauf vorzubereiten, jene Möglichkeiten zu nutzen, die sich aus neuen Organisationsformen und Lehrplänen (z.B. Wahlpflichtgegenstände und fächerübergreifendes Lernen) ergeben.

Die Lehrerbildung - an Akademien und Universitäten - hat Fragen der Begabtenförderung besonders zu berücksichtigen. Die pädagogische-wis-senschaftliche Befassung mit diesem Thema muß ausgebaut werden.

Der Kontakt mit dem au ßerschulischen Umfeld und der internationale Erfah-rungsaustausch können dafür wertvolle Anregungen bieten.

7. Die Industrie erwartet sich von Universitäten gut ausgebildete Akademiker und auch hochqualifizierte Eliten.

Diese sollen sowohl über fachliche als auch über soziale und menschliche Fähigkeiten (Schlüsselqualifikationen) verfügen.

Universitäre Spitzenleistungen sind daher zu fördern und entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.

AnMöglichkeiten bieten sich die Schaffung von Centers of Excellence ebenso an wie eine gezielte Förderung von Spitzenleistungen, etwa mittels Prämien, Stiftungen, Awards und Auszeichnungen der Jahrgangsbesten.

Auch im Bereich der Universitäten sind Einrichtungen privater Träger mit besonderen Programmen zu begrüßen und zu unterstützen.

8. Begabtenförderung stellt eine Herausforderung für die un-ternehmerische Führungstätigkeit, insbesondere für die Personalentwicklung und die Bildungsarbeit, dar.

Dies gilt besonders für die berufliche Erstausbildung, im weiteren aber auch für die spezielle Förderung von Begabten und besonders leistungsfähigen Mitarbeitern auf allen Unternehmensebenen.

Die Mitarbeiter mit ihren Begabungen stellen ein Potential dar, das zumindest ebenso sorgsam zu entwickeln ist wie materielle Ressourcen.

Das Beurteilungsverhalten jedweder Art soll insbesondere auf den bega-bungsorientierten, richtigen Einsatz des Mitarbeiters ausgerichtet sein.

Das Fördern und Aufgreifen von Ideen, das Gewähren schöpferischer Freiräume, die Durchlässigkeit für Kreativität in allen Unternehmenshierarchien, das Schaffen von Anreizsystemen und das Angebot an speziellen Ausbildungsprogrammen bewirken ein fürdie Entfaltung der Begabungen geeignetes Klima.

Die Förderung und sichtbare Anerkennung von besonderen Leistungen Jugendlicher in Betrieb und Berufsschule, Austauschprogramme für besonders begabte Mitarbeiter, För-derung von Zusatzqualifikationen und die Vergabe von Preisen sind nur einige zu nennende Maßnahmen.

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