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Tiger mit Gummizähnen

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Im Zaubergarten der kanadischen Politik blühen bunte Blumen. Hier, sprießt die Erhöhung der Altersrenten, dort wuchern Steuersenkungen. Und über die in vielen Sprachen erscheinenden Wochenzeitungen des kanadischen Bevölkerungsmosaiks ergießt sich ein Sprühregen von Großinseraten der verschiedenen Ministerien; eine hochwillkommene Einnahmequelle der meist finanzschwachen, doch oft politisch einflußreichen Volksgruppen. Zyniker sind sich ihrer Sache sicher. Wahlen können nun nicht mehr lange auf sich warten lassen.

In den Oktoberwahlen des Vorjahres eroberte die von Premierminister Pierre Trudeau geführte Liberale Partei nur 109 der 264 Mandate. Heute lebt die Regierung von der — zeitlich beschränkten — Toleranz der 31 Mandatare der sozialistischen

Neudemokraten. Weil die Neudemokraten, obwohl eine Partei der Opposition, mit ihren Stimmen bis-nun einen Sturz Trudeaus verhindert haben, werden sie von den Konservativen als „Tiger mit Gummizähnen“ gehänselt. Die von Robert Stanfield geführten Konservativen drängen zur Macht. Ihre Fraktion besteht aus 107 Abgeordneten, doch bis heute war ihr „Drang“ noch nicht von Erfolg gekrönt.

Mittlerweile trifft Jean-Marc Ha-mel, Kanadas Chief Electoral Officer, die Vorbereitungen für die kommenden Wahlen. Schon liegen die 8600 Pakete mit Wahlmaterial für die Returning Office in den Wahllokalen bereit. Vermutungen über den Wahltermin reichen von Juni bis zum Herbst, doch sind Wahlen in den Ferienmonaten Juli und August kaum wahrscheinlich.

Trotz der von der Minderheitsregierung verteilten „Wahlbonbons“ mindert die Verstärkung des inflationären Drucks die Chancen Trudeaus. Alles wird nun teurer — von Fleisch bis Milch und Stahl. Schon hat das Klettern der Fleischpreise zu einem Käuferstreik geführt. Nun hat Ross Whicher, ein Abgeordneter der Regierungspartei, darauf hingewiesen, daß der Vormarsch der Inflation dazu führen werde, daß Ärzte etwa im Jahre 1993 einen Jahres verdienst von 200.000 Dollar hätten, während der Wert der Ersparnisse bis dahin natürlich immer mehr schrumpft. Gleichzeitig bemerkt Senator Maurice Lamontagne, der auch der Regierungspartei angehört, daß Ottawas verfehlte Handelspolitik (von dem steten Ausverkauf der Bodenschätze begleitet) zum Untergang der Nation führen könne. Verständlich, daß die

Opposition die Zukunft Kanadas nicht rosiger beurteilt, es sei denn, sie käme selbst zur Macht...

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