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Tore auf für Christus!

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Zu allen Zeiten hat die Kirche versucht, ihre eigene Struktur an die jeweiligen Gegebenheiten anzupassen, Durch die geographisch schwierige Lage, wie etwa in der Obersteiermark mit den bis zu 30 km langen Seitentälern oder in der hügeligen Oststeiermark, in der es kaum Räume gibt, die natürlich klare Abgrenzungen schaffen, war es nie leicht, ideale seelsorgliche Einheiten - ob Pfarre oder Dekanat - zu schaffen. So leben auch heute noch in 38% aller steirischen Pfarren nicht einmal 10% aller Katholiken!

Seit dem 2. Weltkrieg kam es zu schwerwiegenden gesellschaftlichen Veränderungen: neue Industrieansiedlungen, neue Verkehrskonzepte, Zentralisierung von Schulen, Gesundheitsdiensten, verschiedenen Verwaltungsgemeinschaften; zentrale Einkaufsmöglichkeiten schufen neue leistungsfähige Kerne des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens.

In diesen neuen Lebens- und Kulturräumen war die Kirche kaum präsent. Um als integrierende Kraft diese neuen Räume mitgestalten zu können, wurden seit 1945 im Bereich der Stadtgemeinde Graz 13 neue Pfarren gegründet, davon im „Siedlungsring“ um die Citybezirke sieben Pfarrzentren, die auch Möglichkeiten für die verschiedensten Bedürfnisse außerkirchlicher Kommunikation aufweisen. Im Gebiet der übrigen Diözese gab es 27 Pfarr-Neugrün-dungen.

Die herkömmliche Pfarre allein ist jiicht mehr der Ort, an dem sich das

„ganze Leben“ des Menschen abspielt. Die Interessen des einzelnen gehen weit über seinen Wohnort (Pfarre) hinaus. Er ist in verschiedenste überörtliche Zusammenhänge eingebettet. Eine hohe Mobilität bringt ein neues Lebensgefühl mit unterschiedlichsten Bedürfnissen mit sich.

Eine Antwort auf all diese Probleme war die Neuordnung der Dekanate. Seit 1. Jänner 1972 gibt es anstatt der früheren 39 Dekanate nur mehr 23.

Ziele dieser Neugestaltung der „mittleren pastoralen Ebene“ waren:

• Der Lebensraum der Menschen (wo sie wohnen, arbeiten, ihre Freizeit verbringen und ihre sozio-kultu-rellen Bindungen haben) soll eine seelsorgliche Einheit sein.

• Kirchliche Strukturen sollen mit der Entwicklungsplanung und Raumordnung des Landes konform gehen.

• Pfarren, die keinen ständigen Priester mehr haben, sollen ypn der „mittleren Ebene“ mitgetragen werden.

• Die Seelsorge an bestimmten Zielgruppen wie die Bildung ehrenamtlicher Mitarbeiter sollen im Dekanat verankert sein.

• Eine gemeinschaftliche Seelsorge aller Priester und hauptamtlicher Laienmitarbeiter soll immer das ganze Dekanat im Auge haben.

Verantwortlicher Leiter der Seelsorge im Dekanat ist der Dechant, der auf acht Jahre von allen Priestern und hauptamtlichen Mitarbeitern gewählt wird. Ihm steht zur Seite ein gewählter Stellvertreter und nach

Möglichkeit ein Pastoralassistent. Der gewählte Priesterrat des Dekanates sorgt sich im besonderen um Dienst und Leben der Priester.

Zur Zeit gibt es 44 Pfarren ohne ständigen Priester am Ort. Fünf Pfarren sind mit einem Team von zwei Ordensfrauen besetzt; vier Pfarren mit einem Laienkatecheten; eine Pfarre mit einem Diakon. Ziel ist es, im Pfarrhof eine sogenannte „Bezugsperson“ zu haben; in größeren Pfarren sollen dies hauptamtliche, in kleineren ehrenamtliche Mitarbeiter sein.

Die Gläubigen sind auf solche Situationen noch wenig vorbereitet. Aktive Pfarrgemeinderäte sind aber eine große Hilfe, daß in Pfarren ohne ständigen Priester das religiöse Leben nicht erlahmt.

Seelsorge ist nicht allein Aufgabe der Priester. Das 2. Vaticanum hat das ganze Volk Gottes auf die Verantwortung für den Glauben verwiesen.

So sind in der Pfarrseelsorge schon viele Gläubige zu Trägern der Seelsorge geworden, vor allem in der Vorbereitung zur Sakramenten-spendung. Firmhelfer und Tischmütter für die Erstkommunikanten sind selbstverständlich geworden. Bei Taufgesprächen und in der Ehevorbereitung und -begleitung arbeiten Laien mit. Uber 6000 Pfarrgemeinderäte nehmen ihre Mitverantwortung in den Pfarren sehr ernst. Der Pfarrgemeinderat entwickelt sich immer mehr zu einem pastoralen Gremium. (Am Anfang hat er sich vielfach zu sehr mit organisatorischen Fragen befaßt.)

Uber die Pfarrseelsorge spannt sich ein Netz der kategorialen Seelsorge:

• die Hochschulseelsorge für die 18.000 Studenten in Graz und Leoben,

• die Seelsorge für die Studierenden an den Pädagogischen Akademien,

• die Betriebsseelsorge in den Industriezentren Kapfenberg und Donawitz,

• die Krankenschwesternseelsorge für die über 1000 weltlichen Krankenschwestern und Pfleger und die 700 Schüler in Graz,

• die Künstlerseelsorge am „Kulturzentrum Minoriten“ für die Journalisten und Künstler,

• die Telefonseelsorge, die rund um die Uhr ihren Dienst verrichtet.

Für 1981 wird ein steirischer Katholikentag vorbereitet. Die Aufforderung des Papstes: „öffnet die Tore, ja, reißt sie weit auf für Christus!“ soll die Grundlage für eine Erneuerung der Kirche in der Steiermark sein.

Leitlinien für diese innere Erneuerung sind:

• vermehrte Sorge um den Sonntag in seiner ganzen Dimension,

• offenes Gespräch miteinander, um sich so mehr von der Nachfolge Christi getroffen zu fühlen,

• die eigenen Augen öffnen für die Menschen neben uns und ihre Nöte,

• „Gespräch über den Zaun“ mit Menschen, die mit der Kirche wenig oder nichts zu tun haben.

Im Hirtenbrief zur Ankündigung des Katholikentages 1981 schreibt Diözesanbischof Johann Weber: „Wir bereiten uns selber und dem ganzen Land Tage des Gesprächs, der Dankbarkeit, der Freude und der Hoffnung. Zugleich aber sollen auch die ernsten Fragen, mit denen wir leben, ausgesprochen werden.“

Darin ist das Wollen und der Weg des ganzen Volkes Gottes in der Diözese Graz-Seckau ausgedrückt.

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